Großvater Grin erinnert sich: drei Generationen von Katjuschas

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Der Norden wird bombardiert. Ich erzähle meinen geliebten Enkeln nicht, dass ich nicht im Bunker sitze, damit sie sich keine Sorgen machen. Während sie glauben, dass ich im Bunker bin (Opa, geh nicht aus dem Bunker, warum kommst du nicht zu uns?), mache ich mit der Routine weiter, die uns die Situation aufgezwungen hat. Ich kann mir diesen Luxus nicht erlauben, im Bunker zu sitzen, denn mein freiwilliger Dienst bei der Polizei und der Rettungsorganisation „ZAKA“ nimmt meine gesamte Zeit in Anspruch.
  In einer Woche fahre ich in den Norden. Nicht, weil ich Zuflucht suche. Der Grund ist ein ganz anderer. Der erste Enkel der Familie Grin feiert seine Bar Mitzwa. Und die Worte verschwinden zwischen den Erinnerungen der Bilder und Ereignisse.

1973

Der Yom Kippur – Krieg, wir sind gerade vom Mussaf-Gebet zurückgekommen, ich trage einen weißen Kittel und einen Gebetsschal auf den Schultern. Die syrischen Migs fliegen niedrig über das Zentrum der Ortschaft und verkünden den Ausbruch des Krieges. Wir rennen in den Luftschutzbunker mit zwei Kindern auf dem Arm. Der Bunker wird für die kommenden Monate zu unserem Zuhause.
  Die Sukka-Hütte haben wir in Eile aufgestellt, ungeschmückt und an Simhat-Thora sind wir mit der Thora, Fahnen und Süßigkeiten von einem Bunker zum anderen gegangen, um die Bewohner am Umzug der Thorarollen teilnehmen zu lassen und den Kindern ein wenig Festfreude zu bereiten. Dort begann mein erster Sohn – der Mann von Mali – seine Karriere als Bunkerbewohner, und er war erst ein Jahr alt.

1981

Galiläa wird wieder bombardiert. Wir gehen in die Bunker nachdem eine Katjuscha im Hof des Hauses gelandet ist und Splitter in den Suppentopf und auf das Sofa im Wohnzimmer (das Loch ist bis heute noch drin) geschleudert wurden. Der damalige, verstorbene Ministerpräsident Menachem Begin kommt in einem riesigen amerikanischen Auto zu Besuch, in Begleitung sein Fahrer und Assistenten. Ohne Journalisten, ohne Begleitkommando und ohne Sicherheitsleute. Bei einem Treffen mit den Arbeitern des Ortes verspricht er: „Es werden keine Katjuschas mehr in Galiläa einschlagen.“ Ein Jahr später wiederholt sich alles, und es beginnt die Operation „Frieden für Galiläa“.

1985

Die Freude ist groß, unser Erstgeborener feiert seine Bar Mitzwa. Es ist ein Schabbat der Hochstimmung. Sonntags feiern wir die Bar Mitzwa am Swimmingpool des Hotels im Ort. Die Freude ist auf dem Höhepunkt, die Tänzer tragen den Bar-Mitzwa–Jungen auf den Schultern, die Klezmer-Musikanten arbeiten hart – und plötzlich wird über Lautsprecher durchgegeben: „alle in die Luftschutzbunker“.
  Das libanesische Orchester löst das Klezmer-Orchester ab und der Bus mit den Gästen, die extra gekommen sind, um sich mit uns zu freuen, ist schon wieder auf dem Weg in den Süden. Das Dessert haben wir den Soldaten gegeben, die im Ort stationiert wurden. Sie retten immer die Situation.
  Nicht schlimm, versuche ich den enttäuschten Jungen zu trösten, das Wichtigste ist, dass alle gesund sind und es ihnen gut geht. Was kann man da machen. Hast Du dir ausgesucht, im nördlichsten Punkt Galiläas geboren zu werden, dem schönsten und besten Ort der Welt? Nicht schlimm, wir werden dich entschädigen. Die große Freude wird bei deiner Hochzeit sein.

1992

Meine Frau und ich stehen unter der Chupa vor dem glücklichen Paar und ich flüstere ihr zu: sieh dir das an, was für eine „Bombe“ das Kind gefunden hat, eine Katjuscha ist gar nichts im Vergleich zu ihr. „Du bist mir gewidmet“, höre ich eine Stimme wie aus einer anderen Welt, höre ein Glas zerbrechen und Glückwunschrufe. Das „masal tov“ von überall holt mich zurück auf den Boden der Tatsachen.
  Sie haben mich ziemlich schnell zum Großvater gemacht. Simi wurde geboren und noch bevor ich mich für die Aufgabe des Großvaters begeistern konnte, die wie für mich geschneidert war, kamen meine Kinder, Shira, Yael, Dudu und Haim usw. Aber Simi blieb der Enkel, der mich zum Großvater gemacht hat. Wenn der erste Enkel den ersten Zahn bekommt, erhält man einen detaillierten Bericht. Wenn der erste Enkel seinen ersten Schritt macht, ist der Bericht noch detaillierter.
  Wenn du Großvater bist, ist es eine deiner Aufgaben, zu schweigen, dich nicht einzumischen, auch wenn du denkst, dass Simi noch was Süßes verdient hat, oder noch ein bisschen wach bleiben dürfte. Auch wenn sie Fehler in der Erziehung machen, in der Hausführung, musst du weiterhin schweigen, denn du bist Großvater. Und der Großvater muss sie lernen lassen.

2006

Das Herz ist ein wenig erschrocken. Wann ist das passiert? Wo sind all die Jahre hin? Und ich frage mich noch - wann bin ich Großvater geworden? Lasst uns alle für das Wohlergehen unserer lieben Kinder beten, die Soldaten der israelischen Armee, auf die Rückkehr der Entführten nach Hause hoffen, gesund und unversehrt, und dass die Verletzten schnell wieder gesund werden. Masal tov. (Ynetnews.com, 8.8.)

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