„So sieht sie aus, die deutsche Tätergesellschaft”

Ehrhart Neubert, Vorsitzender des Bürgerbüros Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur

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Sie wissen, was sie tun, die Abgeordneten des Bundestages. Sie stellen faktisch die Überprüfung auf Stasi-Mitarbeit ein und schützen mit einem Verwendungs- und Verwertungsverbot der Stasi-Akten die IM. Sie haben schon die Renten der Täter kräftig angehoben und keine Gelegenheit ausgelassen, deren Lage zu verbessern. Auch die Justiz hat unter Berufung auf die Regeln und die Logik der Diktatur die Täter geschont. So sieht sie aus – die deutsche Tätergesellschaft, dieser jüngste Aufguss der Volksgemeinschaft mit Mehrheiten in allen Fraktionen. Im Osten jubeln die IM. Im Westen wird zugeschaut, wie immer schon in Deutschland zugeschaut wurde. Die friedliche Revolution 1989 hat Europa und Deutschland verändert. Menschen nahmen sich die Freiheit zur Wiederherstellung des Rechts, zur Entmachtung der Tätereliten und zur Entzifferung der Geheimcodes der Diktatur. Diese konkrete Freiheit, die mehr ist als geduldiges Papier und schöne Sonntagsreden, wird jetzt entwertet und geschändet. Die Abgeordneten wissen das. Sie werden deswegen einigen Opfern ein paar Brocken hinwerfen. Sie rechnen jetzt schon, was die Opfer kosten werden. Wie immer. Die wirklichen Kosten verursachen die Abgeordneten, weil sie den Preis der Freiheit verachten. Gott sei Dank gibt es ein paar Gerechte. Falls Abgeordnete sich dazurechnen, täuschen sie sich. Es sei denn, sie stimmen gegen den Gesetzesentwurf.

Ich danke Herrn Dr. Neubert für die freundlicherweise erteilte Erlaubnis, den Kommentar hier vollständig wiedergeben zu dürfen.
Das Original stand in der Welt vom 06-11-01.

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