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An dem Tag, an dem der Auswärtige Ausschuss des britischen Parlaments für eine Neuausrichtung der britischen Nahost-Politik – einschließlich eines Dialogs mit Hamas und Hisbollah – plädiert hat, zog der Ausschussvorsitzende Mike Gapes von der Labor Party einmal mehr den Vergleich zwischen dem israelisch-palästinensischen Konflikt und den Schwierigkeiten in Nordirland.
Gapes verwies auf die Lektionen Nordirlands, wo die Irish Republican Army (IRA) sich vom Terrorismus verabschiedet und den politischen Dialog mit Großbritannien aufgenommen hat, und sagte, diese sollten auf den Nahen Osten angewandt werden. „Ich glaube aus der Erfahrung in Nordirland heraus, dass man manchmal mit Leuten diplomatisch und ruhig verhandeln muss.“ Wenn es doch nur so wäre! Wenn die Hamas sich doch als eine neue IRA erwiesen hätte! In der Tat, wenn dem so wäre, würde die Hamas bereit sein, der Gewalt abzuschwören und ihre Waffen abzugeben, wie es die IRA getan hat.
Der Unterschied zwischen den beiden Situationen ist enorm. Das primäre Ziel der IRA bestand in einem vereinten Irland und darin, Irland nach Ulster zu bringen und nicht nach London. Die IRA hatte nie das Ziel, England durch Irland zu ersetzen. Anders die Hamas, deren erklärtes Ziel es ist, palästinensische Herrschaft nicht nur über Gaza und das Westjordanland zu erlangen, sondern auch über Jerusalem, Tel Aviv und Haifa. Abgesehen davon hat die IRA, obwohl sie die Briten hasste und unschuldige Briten getötet und Großbritannien als Feind betrachtet hat, nie die Legitimität des britischen Staates geleugnet. IRA-Führer haben nie blutrünstige Reden und Predigten gehalten, in denen sie den Tag beschworen, an dem es kein England mehr gäbe und die katholische Kirche über Großbritannien herrsche. Es bestand nie die Absicht, die Queen vom Thron zu fegen oder die Westminster Abbey zu säubern. Die IRA wollte nie Großbritannien zerstören oder jeden letzten Protestanten aus Irland vertreiben. Das gleiche kann für die Hamas nicht behauptet werden.
Die IRA war eine brutale Terrororganisation, aber dabei doch so anders als diejenigen, mit denen Israel zu tun hat. Eine Terrororganisation, die manchmal Warnungen verbreitete, bevor die Bomben explodierten; die nicht die Unterstützung der katholischen Kirche hatte; deren Gewaltakte von den meisten, in deren Namen sie agierte, nicht gutgeheißen wurden; die keine Selbstmordanschläge verübte; und die nicht den Tod heiligte und dem Totenkult frönte.
Die IRA stellte auch nie eine wirkliche Bedrohung für Großbritanniens Nachbarn dar. Wenn sie auch zeitweise gemeinsame Sache mit den baskischen Separatisten in Spanien machte, waren doch Spanien, Frankreich, Belgien, die Niederlande oder Deutschland nie von der IRA bedroht. Im Gegensatz dazu bedrohen Hamas und Hisbollah in ihrer radikalen Spielart des Islam Jordanien, Ägypten, den Libanon und Saudi-Arabien.
Die Gewalt in Nordirland war, obwohl Katholiken und Protestanten gegeneinander standen, tatsächlich nicht Ausdruck eines religiösen, sondern eines politischen Konflikts. Seit den 60er Jahren hatte der Konflikt seinen Zenit überschritten. Die katholischen Nationalisten suchten die Vereinigung Irlands, und die loyalistischen Protestanten wollten ein Teil Großbritanniens bleiben.
Nicht so unser Konflikt. Der Libanonkrieg hat vielen – zumindest in Israel – klargemacht, dass wir nicht einem territorialen Konflikt gegenüberstehen, wie so viele lange glaubten, sondern vielmehr einem religiösen. Dies ist insofern evident geworden, als die Hisbollah zwar keine wirklichen territorialen Ansprüche gegenüber Israel erhebt, aber dennoch israelische Soldaten getötet und gekidnappt und den Krieg im letzten Sommer provoziert hat.
Die meisten Versuche, den arabisch-israelischen Konflikt nach 1967 zu lösen, basierten auf der Prämisse, dass es sich um einen territorialen Konflikt handelte. Man denke nur an die UN-Sicherheitsresolution 242: Israel gibt Land auf und erhält im Gegenzug Frieden. Aber dann kamen Oslo, Camp David und die Abkoppelung vom Gaza-Streifen. Israel ging sehr weit in seiner Bereitschaft, Land aufzugeben, doch brachte dies keinen Frieden, sondern den schlimmsten Terrorismus, dem sich das Land je ausgesetzt sah.
Der Name, den Yasser Arafat der Gewaltwelle im September 2000 gab, war vielsagend und ein Zeichen dafür, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln würden. Es war nicht die ‚Westjordanland-Intifada’ oder die ‚Gaza-Intifada’, sondern die Al-Aqsa-Intifada. Dies war ein klares Anzeichen, dass eine giftige, religiöse Zutat von nun ein integraler Bestandteil des Cocktails sein sollte.
Gapes würde gut daran tun, sich zu erinnern, dass die Selbstmordattentäter nicht „Befreit Nablus“ oder „Befreit Jenin“ rufen, wenn sie Israelis in die Luft sprengen, sondern „Allahu Akbar“. Der Hintergrund ist islamistisch, nicht territorial. Das war in Nordirland – glücklicherweise – nie der Fall.
(The Jerusalem Post, 13.08.07)