Die zionistische Pyramide

Von Yair Sheleg

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Der Angriff von Lev Leviev auf den säkularen Zionismus und das säkulare Judentum (Haaretz, 7.3.) spiegelt ein grundlegendes Missverständnis in Bezug auf das Wesen des Verhältnisses zwischen Zionismus und Judentum wider. Dieses Missverständnis sickert vom ultraorthodoxen Lager in Teile des nationalreligiösen Lagers und womöglich auch der traditionell orientierten Öffentlichkeit ein. Daher sollte es geklärt werden.

In der jüdischen Identität sind nationale und religiöse Elemente zusammengeschweißt, und der Zionismus wollte die Pyramide ihres Verhältnisses umkehren – von einem Volk, dessen Basis die religiöse Identität ist, zu einem Volk, dessen Basis die nationale Identität ist: Sprache, Territorium, Staat, gemeinsames Schicksal. Der Zionismus erkannte an, dass die Diaspora-Existenz vielleicht geistvoll, edel und einzigartig sei, glaubte aber, dass sie nicht natürlich – und daher unheilsschwanger – sei. Ganz so wie ein Mensch, der sich nur mit geistigen Angelegenheiten beschäftigen will, unter Vernachlässigung seines Körpers. Daher versuchten die Ideologen des säkularen Zionismus u.a. eine weltlich-nationale Version der Feiertage und einiger grundlegender Texte zu entwickeln.

Darüber kann man geteilter Meinung sein, aber eine Ignorierung des Judentums lag darin nicht. So geschah die Abtrennung vom Judentum nicht wegen des eigentlichen Ansatzes des säkularen Zionismus, sondern wegen der Unfähigkeit des letzteren, sich treu zu bleiben; wegen seines Einknickens vor dem Zeitgeist, der eine kapitalistische Konsumkultur mit sich brachte, die jede einzigartige Identität hinwegfegt.

Die zionistische Revolution hatte von Anfang an viele und mannigfaltige Feinde: eine Koalition von Ultraorthodoxen, Reformern und sozialistischen Revolutionären, die sich schwer damit taten, zugunsten „eines Staates unter anderen“ auf die einzigartige Prätention der ausschließlichen Beschäftigung mit dem Geist und der Weltverbesserung zu verzichten. Das Problem ist, dass diese Geisteshaltung den Zionismus und den Staat Israel noch heute begleitet. Auf der Rechten wie auf der Linken, und auch innerhalb der ultraorthodoxen Richtung, tun sich alle schwer damit, zugunsten schwerer und kontroverser Entscheidungen, die in der heutigen Welt von einem Nationalstaat gefordert sind, auf die einzigartige jüdische Hingabe an geistige und moralische Erwägungen zu verzichten.

Auf der Rechten fordert man von uns, an der „Heiligkeit des Landes“ zu kleben und uns von jeglicher realistischen Erwägung der Demographie und der Beziehungen zur Staatengemeinschaft fernzuhalten. Auf der Linken fordert man von uns, an der „jüdischen Moral“ zu kleben und uns von jeglicher realistischen Erwägung der Verteidigung des Lebens der israelischen Bürger fernzuhalten, und die Ultraorthodoxen sehen in der zionistischen Revolution überhaupt eine Entweihung der einzig würdigen jüdischen Pyramide.

Allen gemeinsam ist, dass sie die Früchte des Zionismus – die reale nationale Heimstätte – genießen wollen, ohne bereit zu sein, ihren Preis zu zahlen, den Preis eines Wertekompromisses. In diesem Sinne müssen wir Leviev antworten: Die Abtrennung vom Judentum ist in der Tat eine schmerzliche Erscheinung, und man muss an der Behebung dieses Schadens arbeiten. Die jüdische Identität hat zwei Stockwerke. Man darf das geistig-kulturelle Stockwerk nicht vernachlässigen, aber in der gleichen Weise darf der Kampf zur Reparatur des geistigen Aspekts nicht in Form einer Schlammschlacht und einer Beschädigung des nationalen Erdgeschosses geführt werden. Dieses Stockwerk wird ohnehin bereits von so vielen Richtungen angegriffen, dass die Gefahr eines Einsturzes droht. Und dann wäre die jüdische Existenz wirklich in Gefahr.

(Haaretz, 13.03.08)

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