Scheingeld, Kultur und Barbarei

Finanzkrise: Angesichts des Niedergangs des US-Dollars sind die Chancen für eine Rückkehr zum gesunden und echten Geld gering

Roland Baader

© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de
Ausgabe 31-32/08 vom 25. Juli 2008

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Für echtes Geld (Gold) bedarf es einer "Kultur des echten Geldes" (G. Hochreiter). Und diese ist vollständig zerstört. Der Kern des demokratischen Machtmechanismus' ist die Umverteilung (und somit die systematische Verletzung der Eigentumsrechte) und der unbegrenzte Zugang zum Scheingeld über Besteuerung, Staatsverschuldung und Inflation – das heißt zur permanenten Enteignung der Bürger.

Eine Kultur des echten Geldes erfordert auf der Seite der Bürger: Fleiß, Disziplin, Sparsamkeit, Eigenverantwortung und Selbsthilfe im Familienverband. Eine solche Kultur aufzubauen, erfordert die Zeit von Generationen; zerstören aber kann man sie – und zerstört hat man sie – in wenigen Jahrzehnten. Möglich wurde dieses Zerstörungswerk durch das Papiergeld (fiat money), das in unbegrenzter Menge von den Zentralbanken erzeugt werden kann.

Die Rückkehr zum echten Geld ist in einem solchen entkultivierten Umfeld nicht denkbar. Die politische Kaste wird niemals auf das Herrschaftsinstrument namens "Unbegrenzte Beraubung der Bevölkerung" per fiat money verzichten, und die Bürger sind proletarisiert (neudeutsch prekarisiert) – das heißt: in unumkehrbare Staatsabhängigkeit gebracht worden. Letzteres gehört ebenfalls zu den Mechanismen der Macht – auch und besonders in der Demokratie. Wolfgang Philipp hat eindringlich dargelegt ("Die Erschaffung der Unterschicht", JF 6/07), wie die Verwandlung der Bevölkerungsmehrheit zu einer staatsabhängigen Unterschicht mit voller Absicht betrieben wurde und wird.

Dabei arbeiten Politik, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Kirchen Hand in Hand. Die Zerstörung der Familie (hauptsächlich durch den Ausbau der Staatsrente – sprich die Verlagerung der Altersvorsorgelasten auf anderer Leute Kinder), das Abschmelzen von Altersvorsorgeersparnissen (etwa über Hartz IV), die Verweigerung der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand (über Belegschaftsaktien) seitens der Gewerkschaften, das Aushungern der Privaten Krankenversicherungen durch die Gesundheitsreform (JF 2/07) und die massive Förderung der Einwanderung armer, unqualifizierter Ausländer – inklusive des Familiennachzugs – sowie die aktive "Armutspolitik" der Wohlfahrtsverbände und Kirchen (je mehr Arme, desto mehr Zuwendungen von Staatsgeldern an diese Institutionen) haben durchaus System.

"Die Caritas ist mit insgesamt rund 400.000 besoldeten Mitarbeitern eines der größten Unternehmen Deutschlands. Wer so viel Mitarbeiter beschäftigt, hat ein Interesse daran, daß immer genug 'Arbeit' da ist. Ohne eine große Unterschicht ist nicht genug Arbeit da. Politische Einflußnahmen dieser Organisationen waren in der Vergangenheit deshalb keineswegs auf Verminderung der Unterschicht, sondern auf deren Anwachsen insbesondere durch Förderung von Asylzuwanderung und Familiennachzug gerichtet", so Philipp.

Diese Institutionen und ihre wechselseitigen Verflechtungen wird man ohne "Kulturrevolution" nicht mehr los. Und Gott bewahre uns vor einer solchen. Die Kulturrevolution Maos hat mutmaßlich 70 Millionen Chinesen das Leben gekostet. Aber sie war (unbeabsichtigterweise) eine wesentliche Voraussetzung des jetzigen "Wirtschaftswunders" in China. Auch mit dem deutschen Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit hatte die vorangegangene "Entnazifizierung" durch die Alliierten (in deren Verlauf alle alten "Filz- und Klüngel-Strukturen" bis zum letzten Hühnerzüchterverein zerschlagen wurden) mehr zu tun als den meisten Ökonomen bewußt ist. Das Ausbleiben einer solchen "Kulturrevolution" in Rußland und das Fortbestehen der "alten Seilschaften" hat eine entsprechende Entwicklung dort verhindert. Statt eines breiten Wohlstandsprozesses erlebt man dort nun das Superreichwerden der alten Eliten bei fortbestehendem Kümmerdasein der breiten Massen.

Dennoch kann man sich eine "Kulturrevolution" für Deutschland und Eu­ropa keinesfalls wünschen – so notwendig sie aus strukturellen Bereinigungsgründen auch wäre, weil sich der Korporativismus in den sechzig Nachkriegsjahren wieder wie ein Teppich über das Land gelegt hat – denn sie würde unendliches Leid über die Menschen bringen und könnte in der Knechtschaft des "Panzersozialismus" (Anthony de Jasay) enden. Allerdings wird eines nicht mehr fernen Tages eine "Kulturrevolution" anderer Art die westliche Welt heimsuchen. Der Zusammenbruch des Weltfinanzsystems und das Ende des Weltreservestandards des Dollar werden ungeahnte Folgen zeitigen, für die das Wort "Kulturrevolution" vielleicht zu harmlos sein wird. Zu befürchten ist in diesem Zusammenhang das Entstehen einer Diktatur – die "rechtlichen" Voraussetzungen dazu sind in der (der Sowjetunion nachgebildeten) EU längst gegeben.

Es war, ist und bleibt wie José Ortega y Gasset es gegen Ende der dreißiger Jahre geschrieben hat: "So wie der Albatros als Vorbote des Sturms, so taucht der Mensch der Tat stets am Horizont auf, wenn eine neue Krise ausbricht." Es setzt dann regelmäßig eine Zeit der Rebarbarisierung ein. Vor dem 20. Jahrhundert waren solche "Menschen der Tat" aristokratisch-autoritärer Natur – von Cäsar bis Napoleon, ab dem 20. Jahrhundert waren sie allesamt Sozialisten, von Lenin über Stalin und Hitler bis zu Mao, Pol Pot, Kim Il Sung und Konsorten. Man darf also wetten, welcher "Qualität" der nächste "Mann der Tat" und die nächste Barbarei sein werden.

Entsprechend trübe stellen sich die Chancen für eine Rückkehr zum gesunden und echten Geld dar, obwohl eine solche – und nur sie – die zu befürchtende Apokalypse (sowohl finanzieller wie geopolitischer Art) verhindern oder wenigstens mildern könnte. Vielleicht wäre es an der Zeit, gewissermaßen als das geringere Übel, jetzt in massiver, verzweifelter Zusammenarbeit der wenigen freiheitlichen Denkfabriken (think tanks) aktiv einen "Mann der Tat" aufzubauen, um dessen "Qualität" noch beeinflussen zu können. Schlagwort: "Einen neuen Ludwig Erhard braucht das Land". Vielleicht lassen sich einige jüngere FDP-Kreise für diese Idee gewinnen, denn ohne ein Bein in der Politik geht es – schon aus Gründen der öffentlichen Publikumswirksamkeit – leider nicht. Denn Politik ist ja die Wurzel allen ökonomisch-finanziellen Übels. Aber wenn der Tanz losgeht, könnte es sich erweisen, daß es von großem Nutzen wäre, wenn ein "Musiker" mit einem eingängigen Melodien-Repertoire bereitstünde, um "aufzuspielen".

Daß – trotz allem – die Aufklärungsarbeit über die verheerenden Wirkungen des papierenen Falschgeldes und über die segensreichen Konsequenzen des echten (Gold-)Geldes unablässig weitergehen muß, versteht sich für Freiheitsfreunde von selbst. Wir Liberalen müssen allen klarmachen, daß der Veitstanz der politischen Herrschaft, daß die Ausbeutung der Arbeit und Lebenszeit der Bürger, daß die Zerstörung von Leben und Glück der Menschen durch die politischen Raubkasten und die sozial-sozialistischen Schmarotzer-Organisationen nie ein Ende nehmen werden – selbst nach Staatsbankrott, Hyperinflation und Krieg immer wieder von neuem beginnen, solange den Herrschaftscliquen der beliebige Zugang zur wirksamsten Waffe der Macht offensteht: zum fiat money. Nur unter der Ägide echten marktwirtschaftlichen Geldes (Goldgeldes) wäre dieser Zugang versperrt.

Weiterführende Literatur zum Thema:
    Jörg Guido Hülsmann: Die Ethik der Geldproduktion, Manuscriptum Verlag, Waltrop 2007, gebunden, 293 Seiten, 24,80 Euro

Roland Baader ist Mitglied der Mont Pèlerin Society. Er schrieb das Buch "Geld, Gold und Gottspieler" (Resch-Verlag, Gräfelfing 2004).

Ich danke Herrn Baader und dem Verlag für die Erlaubnis, den Artikel hier vollständig wiedergeben zu dürfen.
Die Onlineversion steht im Archiv der JF.

    Herr Baader empfielt, ergänzend auch diesen Beitrag aus der Zeitschrift eigentümlich frei vom März 2008 zu lesen.

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