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Der Fatah-Kongress ist zu einer Zeit abgehalten worden, da es um die israelisch-palästinensische Lebenswirklichkeit nicht so schlecht bestellt ist: Zwar finden in der Tat keine politischen Verhandlungen statt, jedoch herrscht Ruhe in Judäa und Samaria, und sowohl Israelis als auch Palästinenser sehen mit Erleichterung, dass der Terrorismus weitgehend zum Stillstand gekommen ist.
Israel hat dementsprechend reagiert: Militärische Restriktionen wurden aufgehoben, Straßensperren entfernt, die Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) hat sich verbessert, und infolgedessen floriert die Wirtschaft, und das Leben in Judäa und Samaria ist leichter.
Die PA erfreut sich universaler Unterstützung; die Vereinigten Staaten, Israels größter Verbündeter, sind palästinenserfreundlicher denn je zuvor. So haben die Palästinenser gewiss einen Grund, zufrieden zu sein. Obgleich sie es nicht zugeben, hat sich infolge des Aufstiegs der Hamas in Gaza etwas an ihrer Einstellung zu Israel geändert: Die Furcht vor einem „iranischen Lebensstil“ und das Schleudern von Fatah-Aktivisten von Hausdächern hat den Palästinensern klar gemacht, das ihr wirkliches Problem derzeit in Gaza liegt.
Wir konnten daher erwarten, dass die Stimmen und Entscheidungen auf dem Fatah-Kongress zumindest in einem gewissen Ausmaß die verbesserte Realität widerspiegeln und das Hervortreten praktischer Mäßigung zeigen würden. Doch die Palästinenser sind ihrer Tradition treu geblieben: eine Fülle von Drohungen und radikalen Slogans, die meisten davon realitätsfern und einige davon albern; so zum Beispiel die Entscheidung im Hinblick auf „Israels Verantwortung für Arafats Ermordung“.
Die PA-Führer – insbesondere die, die sich zu jener Zeit an uns wandten und darum baten, Arafat aufgrund seiner schweren Krankheit die Ausreise aus Ramallah und den Flug ins Ausland zu gestatten – wissen allzu gut, dass seine Krankheit die Ursache seines Todes war. Dennoch befürworteten sie die oben erwähnte Entscheidung. Dies hat keinerlei Bedeutung, abgesehen davon, dass es von der kläglichen Beschaffenheit der Entscheidungsträger zeugt: politische Führer, die sich nicht trauen, öffentlich eine lächerliche, aber populäre Lüge zurückzuweisen.
Die Reaktionen in Israel waren vorhersehbar: Die Rechte betrachtete den Kongress als weitere Bestärkung des andauernden Schlusses, dass es niemanden gibt, mit dem man reden könnte, und wir daher damit fortfahren sollten, überall zu siedeln. Die Linke versuchte uns währenddessen zu überzeugen, dass eine Tiefenanalyse des Fatah-Textes zeige, dass er „nicht so schlecht ist“.
Beide Seiten liegen falsch. Der Inhalt der Worte und Entscheidungen des Kongresses hat keinerlei praktische Bedeutung, doch die klare und enttäuschende Schlussfolgerung, die aus ihnen zu ziehen ist, besteht darin, dass eine solche Führung nicht offen und ehrlich seinem Volk gegenübertreten kann, wie es nötig ist, um ein Endstatusabkommen mit Israel zu erzielen.
Ein israelisch-palästinensischer Frieden macht schmerzliche Konzessionen notwendig, und zwar nicht nur auf israelischer, sondern auch auf palästinensischer Seite: Das Verbleiben der großen Siedlungsblöcke in israelischer Hand, der Verzicht auf das Rückkehrrecht und jedes mögliche Abkommen über Jerusalem stellen sämtlich schwierige Entscheidungen für die Palästinenser dar. Wer genau wird sie durchsetzen? Diejenigen, die eine Reihe von radikalen und realitätsfernen Entscheidungen befürwortet haben, um die Radikalen auf der Straße zu beschwichtigen? Diejenigen, die sich nicht getraut haben, sich gegen die närrische Entscheidung im Hinblick auf ‚Israels Verantwortung’ für Arafats Tod auszusprechen?
Ich schreibe diese Worte nicht, um die Palästinenser zu kritisieren oder zu provozieren (bekanntlich hat auch die israelische Regierung bislang keine eindrucksvolle diplomatische Kühnheit an den Tag gelegt), sondern vielmehr als eine traurige Schlussfolgerung: Ungeachtet des Inhalts eines Endstatusabkommens, das man den Palästinensern anbieten wird, gibt es heute keine palästinensische Führung – ganz gewiss nicht die, die in Bethlehem zusammengekommen ist -, die in der Lage wäre, ein Endstatusabkommen zu akzeptieren, durchzusetzen und zu implementieren.
Daher würde es Israelis und Palästinensern gut anstehen, sich mit der Verbesserung der Realität und der Bedingungen der Koexistenz zwischen den Völkern zu befassen, anstatt sich Endstatusillusionen hinzugeben: Israel wird seine militärische Präsenz in Judäa und Samaria – soweit wie möglich, entsprechend der Sicherheitseinschätzungen –minimieren und mehr Gebiete der Kontrolle durch palästinensische Sicherheitskräfte übertragen; es wird illegale Außenposten räumen und die Entwicklung bestehender Gemeinden auf die in den großen Siedlungeblöcken beschränken; es wird Straßensperren entfernen, die Transportbedingungen verbessern und den Palästinensern bei der Förderung der Wirtschaft, des Unternehmergeistes, der Industrie und des Handels helfen.
Mit anderen Worten: Israel und die Palästinenser werden sich bemühen, den ersten Abschnitt der Road Map zu verwirklichen, während sie auf das Erreichen des zweiten Abschnitts hinarbeiten, der für die Zukunft – sobald die Bedingungen es erlauben – die Gründung eines palästinensischen Staates vorschreibt. Dies ist ein praktikables diplomatisches Ziel, das die Führungen in der Zwischenzeit von der Notwendigkeit entbindet, Entscheidungen zu treffen, die sie nicht treffen können.
(Yedioth Ahronot, 10.08.09)