Vorsicht vor dem Apartheid-Diskurs

Von Gadi Taub

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Israel tut sich schwer damit, seine Geistesverfassung zu ändern und sich von der alten Annahme zu verabschieden, wonach die Feinde des Zionismus das Territorium des jüdischen Staats Stück für Stück wegfressen wollen. Wir haben das früher „Salami-Taktik” genannt. Die Gegner des Zionismus haben jedoch realisiert, dass der gegenteilige Weg zur Vernichtung Israels führt: die Teilung des Landes zu verhindern.

In der Vergangenheit war der demokratischen Welt das Wesen der Kräfte klar, die eine Teilung verhindern wollten. Es waren dies die Anhänger des arabischen Nationalismus, die den Juden das Recht auf Selbstbestimmung abzuerkennen suchten. Das Bild war eindeutig: Die Nationalisten waren gegen die Teilung, die Anhänger der Demokratie dafür. Inzwischen werden sowohl Nationalismus als auch Antisemitismus durch einen Schleier demokratischen Diskurses hindurch präsentiert.

Selbstverständlich ist die Position der arabischen Nationalisten dieselbe geblieben. Die Palästinenser haben sich gegen die von den Vereinten Nationen vorgeschlagene Teilung gestellt und widerstehen ihr noch immer. Auch der Grund dafür ist derselbe geblieben: Ein Staat zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer würde wie jeder andere arabische Staat sein, mit einer jüdischen Minderheit. Die Teilung würde einen Staat für die Juden mit einer jüdischen Mehrheit garantieren.

Die Ein-Staaten-Lösung wird immer mehr mit den Begriffen von Demokratie und Menschenrechten vertreten. Dies ist die Allianz zwischen den Goldstones und ihren Meistern: einem internationalen Forum von Staaten, die die Menschenrechte mit Füßen treten, aber dennoch einen Streiter für die Menschenrechte aussenden, um Israel als Feind der Menschenrechte darzustellen. Unterdessen verschleiert die andere Seite – eine rassistische Bewegung, die offen zum Mord an Juden aufruft – Raketenagriffe auf zivile Ziele hinter der Fassade dieser Rechte, während sie ihre Raketen hinter den Körpern ihres eigenen Volks versteckt.

Diese unheilige Allianz zwischen arabischen Nationalisten und Verfechtern der Demokratie wird immer raffinierter. Wir sollten auf ihre Bemühung achten, den Unterschied zwischen den besetzten Gebieten und dem eigentlichen Israel zu verwischen. Die öffentliche Meinung im Westen wird schrittweise darauf vorbereitet, vor allem weil die Welt in den Nachrichten Bilder von Straßensperren sieht, neben denen der Ausdruck „jüdischer Staat” steht. Die (falsche) Schlussfolgerung daraus lautet, dass ein jüdischer Staat Apartheid bedeutet.

Dieser Vorbereitungsprozess wird von den Medien und von Intellektuellen unterstützt. Israels Gegner im Westen haben aufgehört, von Besatzung zu reden, und reden stattdessen von Apartheid. Der Begriff „Besatzung” macht den Unterschied zwischen Gebieten diesseits und jenseits der Grünen Linie deutlich. Der Begriff „Apartheid” jedoch nimmt auf die Vorstellung des jüdischen Staates an sich Bezug und stellt sie so dar, dass ein Volk ein anderes beherrscht, wobei die Gebiete nur eine der krasseren Manifestationen dessen sind.

Dieser Logik zufolge kann also eine gerechte Lösung auf der Grundlage von Gleichheit sich nicht mit einer Teilung in zwei Staaten begnügen, da dies lediglich die Fortexistenz des verachtenswerten jüdischen Staates garantieren würde. Da wird ein binationaler Staat als die gerechte Lösung angesehen; ein Konzept ähnlich Belgien oder der Schweiz oder der Bosnien von der internationalen Gemeinschaft aufgezwungenen – und durch internationale Besatzung aufrechterhaltene – Lösung.

Israelis, die derlei Vorschläge prüfen, realisieren, wie haltlos sie sind. Ein Staat mit einer arabischen Mehrheit würde nicht wie die Schweiz sein. Die Rechte einer jüdischen Minderheit in die Hände einer Hamas- oder Fatah-Mehrheit zu legen, würde der liberalen Demokratie nicht zum Aufschwung verhelfen. Nicht ein einziger arabischer Staat hat diesem national-arabischen Charakter abgeschworen, und wie Alexander Yacobson bemerkt hat, ist die Behauptung, ausgerechnet die Palästinenser würden dies für die „zionistischen Invasoren” tun, völlig sinnlos.

Das ist aber nicht, was die internationale Gemeinschaft sieht. Das Trommelfeuer von Artikeln, die Israel als einen Apartheidstaat darstellen und das Trommelfeuer von scheinbar vernünftigen Vorschlägen für einen binationalen Staat schaffen Schritt für Schritt eine Situation, in der ein blutiger und festgefahrener Konflikt vermeintlich eine einfache demokratische Lösung hat.

Sollte es uns nicht gelingen, den Palästinensern bald die Teilung aufzuzwingen, könnte die internationale Gemeinschaft sich ersucht fühlen, Israel im Namen der Demokratie und unter dem Deckmantel der „binationalen Gleichheit” auszulöschen.

(Yedioth Ahronot, 02.02.10)

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