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Es fällt mir schwer, diesen Text zu schreiben. Es fällt mir schwer zu erklären, warum der Sportkanal, trotz aller Sensibilität und der Wichtigkeit der Gedenktage, die Halbfinalspiele der Champions League ausstrahlen sollte, die an den Vorabenden des Holocaustgedenktages und des Gedenktag für die Gefallenen der Kriege Israels stattfinden. Es fällt mir schwer, gegen das Israelisch-Sein zu Felde zu ziehen, das vor allem die Toten heiligt; es fällt mir schwer zu schreiben, warum das Anschauen eines Fußballspiels nichts mit dem Erinnern und dem Respekt gegenüber den Freunden zu tun hat, auf deren Beerdigungen ich anwesend war. Es fällt mir schwer. Aber noch schwerer fällt mir, darauf zu verzichten, diese Entscheidung selbst treffen zu können. Denn das tun viel zu viele jeden Tag.
Der Sportkanal ist verpflichtet, seinen Kunden einen angemessenen Inhalt für den horrenden Preis bieten, den er für das Sportpaket fordert. Das bedeutet nicht, dass er an Tagen, die eine besondere Sensibilität erfordern, business as usual fahren sollte (oder könnte), aber es gibt keinen Grund dafür, nur ein Standbild zu senden. An den Gedenktagen muss ein Sonderprogramm gesendet werden, bestehend etwa aus Dokumentarfilmen, Interviews mit Holocaustüberlebenden, Sendungen zur Rolle des Sports beim Verlust von Angehörigen oder ähnlichem.
Die Vorschriften für Kabel- und Satellitenfernsehen besagen, dass an Feier- und Gedenktagen keine Spiele mit Beteiligung israelischer Teams ausgestrahlt werden dürfen. Über Anträge auf Ausstrahlung von Spielen ausländischer Mannschaften wird von Fall zu Fall entschieden. Das Gesetz erklärt hierzu: “Der Betreiber gewährleistet an Feier-, Gedenk- und Trauertagen ein Programm, das ihrem Charakter entspricht”. Der Sportsender hat noch nicht einmal einen Antrag auf Ausstrahlung der Champions League-Halbfinalspiele gestellt. Und auch, wenn er sich gegen die Übertragung der Spiele im Fernsehen entscheidet, bliebe immer noch die Möglichkeit einer Übertragung im Internet – eine durchaus angemessene Alternative, die die Gedenktage würdigt und respektiert.
Das Standbild ist die einfachste Lösung. Es sagt: “Wenn ihr wissen wollt, was beim Spiel passiert ist, schaut doch im Internet nach”, das Internet ist ja schließlich von der nationalen Trauer befreit. Was man den zehntausenden Sportbegeisterten im Land sagt, ist also nicht nur, ob und wann sie trauern und gedenken sollen, sondern auch wie.
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Ein moderner Sportsender hätte seinen Zuschauern eine angemessene Alternative angeboten – die Übertragung des Spiels ohne Kommentatoren und ohne Expertenrunde in der Halbzeit. Einfach nur eine Übertragung des Spiels eben, mit der Stadionakustik. Eine Ausstrahlung zu einem späteren Zeitpunkt wird das Gefühl des “Wer sind die, dass sie mir vorschreiben wollen, wie ich zu trauern habe”, nicht verhindern.
Im vergangenen Monat ist bei mir einmal für drei Tage der Fernseher ausgefallen. Ich habe den Anbieter angerufen, der mir die anteilige Gebühr erstattet hat. Vielleicht werde ich das auch tun, wenn ich nun wieder an zwei Tagen das Standbild sehe. Das macht mich nicht reicher, aber vielleicht ein kleines bisschen weniger frustriert. Und die, die dafür verantwortlich sind, verstehen vielleicht, dass auch die passiven Zuschauer manchmal aktiv werden können. Ohne aus ihrem Fernsehsessel aufzustehen, versteht sich.
Haaretz, 16. 04. 12
Der Autor ist Journalist
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Die Diskussion über die Ausstrahlung der Halbfinalspiele der Champions League an den beiden Gedenktagen macht mich verrückt. Nicht die dummen Argumente, sondern die Tatsache, dass sie überhaupt stattfindet, 70 Jahre nach der Shoah.
Es ist davon auszugehen, dass das Zweite Programm in dreißig Jahren eine Reality-Show aus dem KZ sendet, aber solange noch Überlebende unter uns sind, kann man den Verfall der Sitten doch ein wenig aufhalten. In den vergangenen Tagen habe ich verschiedene Argumente für die Ausstrahlung am Holocaustgedenktag gehört: Meinungsfreiheit, Handlungsfreiheit, Freiheit, die Beschäftigung selbst zu wählen. Dabei ist klar: Was gesendet wird, wird gewählt. In der Halbzeitpause könnte man dann ja im Studio eine Diskussion zum Shoah-Gedenken abhalten.
Mit demselben Argument könnte man aber auch ein Rockkonzert im Yarkon-Park veranstalten. Schließlich sind die Menschen alt genug, selbst zu entscheiden, was sie tun möchten. Der Staat sollte sich da nicht einmischen.
Mir geht es nicht darum, dass eine “Holocaust-Polizei” die Häuser stürmt, aus denen Freudenschreie zu hören sind, wenn Barcelona ein Tor schießt. Doch der Staat mischt sich ja auch bei anderen Themen ein. Er erhebt Steuern, erlässt Gesetze, lässt uns nicht so schnell fahren, wie wir gern würden, zieht uns zur Armee ein. Und am Holocaust-Gedenktag sollen auf einmal die Zuschauer selbst entscheiden, ob sie ein Fußballspiel sehen wollen oder nicht.
Unter uns gesagt, wenn es um ein Spiel zwischen dem FC Basel und Real Sociedad gegangen wäre, wären alle dafür gewesen, es nicht zu übertragen. Doch auf Barcelona gegen Chelsea möchte niemand verzichten, denn wir sind mittlerweile ein Volk, das nicht bereit ist, ein Vergnügen aufzuschieben. Jeder will als erster das neue iphone kaufen oder das erste Hemd im neuen schwedischen Ramschkleiderladen im Einkaufszentrum.
Wenn es kein Morgen gibt, ist gestern nicht wichtig. [ ... ] Doch auch, wenn einige der Meinung sind, “das Leben muss weitergehen”, so bin ich doch der Meinung, dass am Holocaustgedenktag das Leben eben nicht wie immer weitergehen muss.
[ ... ] Es besteht kein Zweifel, dass Lionel Messi und Andrés Iniesta die Werte, mit denen wir aufgewachsen sind, auf eine schwere Probe stellen. Ich bin nicht gläubig, aber es würde mir niemals in den Sinn kommen, die Gefühle von Menschen zu verletzen, die Yom Kippur einhalten möchten. Wenn der Sportsender sendet, warum sollten dann nicht an Yom Kippur die Einkaufszentren und Freizeitparks geöffnet sein? Die Mehrheit der Spieler in der Ersten Liga sind ohnehin Ausländer. Dann können sie doch auch spielen. Die Fans sind schließlich alt genug zu entscheiden, ob sie zuschauen wollen oder nicht.
Wer den Fernseher anmacht (“Dafür hab' ich mir ja schließlich die 50" gegönnt, oder?”), um das Spiel auf einem ausländischen Sender zu schauen (“Is' ja schließlich Barça, Baby”) hat den inneren Kompass verloren. Mir scheint, wir haben vergessen, wofür dieser Staat gegründet wurde. Ich stelle mir meine Großeltern vor, wenn sie Auschwitz überlebt hätte, wie sie am Tag der Befreiung am Tor stehen, bleich und ausgemergelt. “Was sagst du”, hätte meine Großmutter gesagt, “gehen wir endlich ins Restaurant?” “Wozu denn essen”, hätte mein Großvater geantwortet. “Heute spielt Barcelona gegen Chelsea.” Denn bei allem Respekt vor der Shoah – wie hoch sind schon ihre Einschaltquoten?
Ynet, 18. 04. 12
Der Autor ist Sportreporter.