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Die Entscheidung des Obersten Gerichts, die Petition der Opferfamilien gegen die Freilassung der Terroristen und Mörder abzulehnen, war mehr als zu erwarten.
Doch die Entscheidung verlangte diesmal von den Richtern ein ganz neues Abwägen, denn bis dahin hatte Israel Terroristen und Mörder nur im Ausgleich für Geiseln oder die Überführung von Leichnamen freigelassen. Zum ersten Mal wurden Häftlinge vorzeitig nur aufgrund politischer Prozesse entlassen. Von den hohen Prinzipien, die das Komitee ursprünglich unter dem Vorsitz des Richters Meir Schamgar für die Freilassung von Terroristen festgelegt hatte, ist nur noch Asche geblieben.
Trotzdem war der Einspruch der Opferfamilien nicht vergeblich. Für die drei verbleibenden Runden von Freilassungen gewährte der Richter Elyakim Rubenstein einen Funken Hoffnung, dass der Vorgang vereitelt werden könnte. Er stellte die Frage, ob das Versprechen, Häftlinge freizulassen seitens der Regierung und gegenüber einer fremden Instanz wie der palästinensischen Autonomiebehörde auch für israelische Staatsbürger gelten kann. Was bleibt von der israelischen Souveränität, wenn die palästinensische Führung der rechtmäßigen Regierung diktieren kann, welcher der verurteilten israelischen Staatsbürger vorzeitig aus der Haft entlassen werden soll?
Die Frage wurde in dieser Zeitung und auf anderen öffentlichen Bühnen schon anlässlich anderer Freilassungen von Terroristen diskutiert. Es bedeutet eine wesentliche Einschränkung des Souveräns und der Urteilskraft, wenn Israel Abu Mazen zugesteht, die vorzeitige Freilassung eines Mörders aus dem im Kernland Israel befindlichen Nazareth anzuordnen.
Es gibt eindrückliche, in Vergessenheit geratene Vergleichsfälle: erst als Jonathan Pollard die israelische Staatbürgerschaft verliehen bekam, erhielt die Einmischung des jüdischen Staates in seine Freilassung Legitimität (wenn auch bislang ohne Erfolg). Schon in den fünfziger Jahren, während der sogenannten Lavon-Affäre, waren ägyptische Juden, die für Israel spionierten und Sabotageakte begingen, festgenommen und verurteilt worden. Zwei von ihnen wurden im Jahr 1955 hingerichtet. Nach dem Sinai-Feldzug von 1956, als Israel 5000 Gefangene gegen einen einzigen seiner Piloten austauschte, wagte es keiner, die Freilassung der inhaftierten Spione zu fordern. Es war klar, dass es sich um ägyptische Staatsbürger handelt und dass Gamal Abdel Nasser einer Einmischung in ihr Schicksal seitens Israels nicht zustimmen würde.
Wenn also Abu Mazen die Freilassung von Mördern diktieren kann, was wäre, wenn eine Verbrecherbande im Herzen Tel Avivs eine Geisel nehmen würde? Und wenn sie dann – in meiner Phantasiegeschichte – mit der Ermordung der Geisel drohen würde, sollte nicht einer der ihren aus dem Gefängnis entlassen und in ein unbekanntes Land überführt werden? Würde die Regierung auf die Forderung eingehen oder das Leben der Geisel gefährden, und sei es nur, um die Verbrecher zu schnappen und zu stellen?
Die Antwort ist klar. Unklar bleibt, warum die Regierung die Szenerie der Phantasiegeschichte nicht auf diesen Fall bezieht und Verhandlungen mit einer fremden Instanz über die Freilassung von Gefangenen zulässt. Nebenbei bemerkt läuft die israelische Einwilligung, mit Abu Mazen über eine solche Freilassung israelischer Täter zu verhandeln, sogar der Auffassung einer „Zwei-Staaten-Lösung“ zuwider.
Israel Hayom, 14.08.13
Der Autor ist Journalist und kommentiert regelmäßig das politische Geschehen in Israel.