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Ein Jugendlicher erlag dem tödlichen Schuß eines Polizeibeamten; die Polizei wird als blutrünstige, schießwütige Mörderbande beschuldigt; Tumult bricht aus. So, wird uns nahegelegt, geht es in Amerika nun mal zu.
Es handelt sich dabei um eine heillose Verleumdung; Polizisten sind keine Mörder. Kein Beamter geht morgens auf Streife in der Absicht, irgendjemanden zu erschießen, sei er bewaffnet oder unbewaffnet. Und auch wenn sie das in einem Umfeld von national angst, wie dem augenblicklichen, nicht gern laut sagen, kennen alle Mitarbeiter in Vollzugs- und Strafverfogungsbehörden ihr Recht, Verdächtige festzunehmen – eine Befugnis, die bisweilen mit Gewalt durchgesetzt werden muß. Unabhängig davon, was mit Mike Brown geschah, sind es in der überwältigenden Mehrheit der Fälle nicht die Polizisten sondern die, die sie anhalten, die verhindern können, daß Festnahmen tragisch enden.
Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich im Streifendienst Flüche, Geschrei, Wutanfälle, aggressives und drohendes auf-den-Pelz-Rücken und die direkte Herausforderung meiner Machtbefugnis erlebt habe. In der überwiegenden Mehrheit dieser Zusammenstöße konnte ich die Situation friedlich entschärfen, ohne Gewalt anwenden zu müssen. Polizisten wenden ihre Ausbildung und ihre Intuition schöpferisch an und ich nutzte jeden Pfeil in meinem Köcher, Verbaljudo, Humor, Warnungen und demonstratives Herumwedeln mit den lebensgefährlichen (und den nur schmerzhaften) Teilen meiner Ausrüstung. Einmal zum Beispiel standen mein Partner und ich einem angrifflustigen Mann gegenüber, der in einer belebten Einkaufsstraße voller Feiertagsbesucher sein Auto mit literweise Benzin begossen hatte und im Begriff war, diese Brandbombe anzuzünden. Die Gefahr für die Umstehenden hätte einen möglicherweise tödlichen Waffeneinsatz gerechtfertigt. Stattdessen brachte ich ihn mit einem Aufhänger über seine Familie und Nahestehenden aus dem Konzept und er gab auf, ohne jemand verletzt zu haben. Jeden Tag beweisen Polizisten dieselbe Zurückhaltung und lösen Situationen auf, die leicht mit schweren Verletzungen oder mehr hätten enden können.
Manchmal jedoch bleiben alle Warnungen und jeder Versuch zu überzeugen bei einem Streitwütigen wirkungslos; dann ist der Punkt gekommen, wo Polizisten zur Gewalt greifen müssen und die Folgen können tragisch sein. Wir sind noch dabei herauszufinden was genau zwischen Wachtmeister Darren Wilson und Brown vorging, aber in den meisten Fällen ist es weniger unklar – und nur selten ist es das Verschulden der Gesetzeshüter. Wenn sie zur Gewalt greifen, dann um ihre eigene oder die Sicherheit der Öffentlichkeit zu verteidigen.
Auch wenn es grob und undiplomatisch klingen mag bleibt das Fazit: Wenn Sie nicht erschossen werden, keine Bekanntschaft mit dem Elektroschocker, Pfefferspray oder Schlagstock machen oder zu Boden geworfen werden wollen, dann tun Sie einfach, was ich Ihnen sage. Widersprechen Sie mir nicht, geben Sie mir keine Schimpfnamen, sagen Sie mir nicht, ich könne Ihnen gar nichts tun, ich sei ein Rassistenschwein, drohen Sie mir nicht mit dem Rechtsanwalt. Schreien Sie mich nicht an, daß Sie mein Gehalt bezahlen, und denken Sie gar nicht erst daran, angriffslustig auf mich zuzugehen. Die meisten Straßenkontrollen sind in Minuten vorbei. Wie schwer kann es sein, sich solange zurückzuhalten?
Ich weiß, es ist für die meisten beängstigend, von der Polizei angehalten zu werden. Ich verstehe den Ärger und die Unzufriedenheit von Menschen, die meinen, zu unrecht und grundlos angehalten worden zu sein. Mir ist klar, daß es Mißbrauch und Schikane bei Polizisten gibt. Wo es um Fehlverhalten bei der Polizei geht, stehe ich auf der Seite der ACLU, der amerikanischen Bürgerrechtsunion. Ich habe in der Dienstaufsicht gearbeitet und weiß, manche Beamte zeigen ein unprofessionelles und arrogantes Benehmen, bisweilen betragen sie sich selbst wie Kriminelle. Ich glaube auch, jeder Polizist sollte eine Brustkamera tragen, die seinen Umgang mit der Öffentlichkeit durchgehend aufzeichnet. Jeder Streifenwagen sollte über einen Videorekorder verfügen. (Das wird einen Umstand wie die Erschießung von Mike Brown verhindern, in dem widersprüchliche und voreingenommene Aussagen es zulassen, alles zu glauben, was die Leute wollen.) Und einer unrechtmäßigen Durchsuchung können Sie widersprechen. Sie können das Einverständnis zu einer Durchsuchung Ihres Wagens oder Ihrer Wohnung ohne richterlichen Beschluß verweigern (müssen sich aber bei hinreichendem Verdacht abklopfen lassen). Fragen Sie den Beamten immer, ob Sie verhaftet sind oder gehen dürfen. Ohne gesetzliche Grundlage dafür, Sie festzuhalten und zu durchsuchen, muß er Sie gehen lassen. Zuletzt ist es Polizisten verboten, übertriebene Gewalt anzuwenden: In dem Augenblick, wo jemand sich fügt und keinen Widerstand mehr leistet, hat der Beamte vom Zwang abzusehen.
Aber wenn Sie glauben (oder wissen), daß der Polizist, der Sie anhält, gegen Ihre Rechte verstößt oder sich wie ein Tyrann aufführt, verspreche ich Ihnen, es wird nicht besser wenn Sie Ihrem Ärger und Ihrer Abneigung den Lauf lassen. Schlimmer, sich auf eine körperliche Auseinandersetzung einzulassen, führt sicher dazu, daß Ihnen wehgetan wird. Polizisten dürfen selbst tödliche Gewalt anwenden, wenn sie ihr eigenes oder das Leben eines anderen in Gefahr sehen. Sparen Sie Ihren Ärger für später auf und lenken Sie ihn in die angemessene Richtung. Tun Sie, was der Beamte anordnet und es wird für Sie und ihn unschädlich ausgehen. Wir haben ein Rechtssystem, das von Ihrer Unschuld ausgeht; wenn der Polzist seine Arbeit unbelästigt machen kann, kann das System seinen Gang gehen. Später können Sie nach einem Vorgesetzten fragen und eine Beschwerde einreichen oder sich an eine Bürgerrechtsgruppe wenden, wenn Sie glauben, Ihre Rechte seien verletzt worden. Gerne können Sie Anzeige gegen die Polzei erstatten! Nur fordern Sie einen Polizisten bei der Kontrolle nicht heraus.
Ein Durchschnittsbürger kann die Risiken nicht durchschauen und begreift die Aufgabe eines Polizisten nur unvollständig. Die Stereotypen aus Hollywood und im Fernsehen sind Zerrbilder, in denen furchtlose Supercops auf sich allein gestellt Dutzende von Strolchen überwältigen und ihnen aus der Entfernung die Waffen aus der Hand schießen. Das wirkliche Leben ist anders. Der Durchschnittspolizist denkt immer an seine eigene Sicherheit und versucht, jede Begegnung unter Kontrolle zu behalten. So wurden wir ausgebildet. Während die meisten Bürger höflich und gesetzestreu sind, ist der Teil, mit dem wir es täglich zu tun bekommen, nicht so vornehm. Sie wissen nicht, an was ich gerade denke, wenn ich Sie anhalte. Habe ich gerade einen Funkruf über eine Schießerei empfangen? Suche ich einen Mörder oder einen bewaffenten Flüchtling? Für Sie mag das eine „einfache“ Verkehrskontrolle sein, für mich ist jede Kontrolle ein möglicherweise gefährliches Zusammentreffen. Zeigen Sie Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis des Beamten. Machen Sie seine Arbeit nicht noch schwerer, als sie es ohnehin bereits ist.
Die Bürger haben von den Beamten Höflichkeit, Respekt und Professionalität verdient. Jeder Mensch, der von einem Polizisten angehalten wird, sollte sich sicher fühlen anstatt das Gefühl zu haben, sein Wohl sei gefährdet. Sollte die Gemeinschaft ihren Beamten nicht dasselbe Entgegenkommen zeigen und sie deutlich erkennen lassen, daß von ihnen keine Gefahr ausgeht?
Sunil Dutta ist Professor für Innere Sicherheit an der Colorado Tech University und war vorher 17 Jahre lang Beamter des Los Angeles Police Department. Die Ansichten in diesem Artikel sind seine eigenen, er spricht nicht im Namen des LAPD.
Quelle: The Washington Post, Übersetzung von mir.