Alles nur wegen des Tempelberges

Von Moshe Feiglin

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Der Journalist Shalom Yerushalmi schrieb, die derzeitige „Messerintifada“ sei allein meinetwegen ausgebrochen. Seit dem Attentat auf Rabbi Yehuda Glick vor einem Jahr verbietet mir PM Netanyahu auf Anweisung des muslimischen Wakf den Tempelberg zu betreten. Diese Behauptung, die Araber hätten sich ein Jahr nachdem ich persönlich vom Tempelberg exiliert wurde plötzlich an Feiglin erinnert – und seinetwegen begonnen Juden auf der Straße abzuschlachten – klingt abwegig. Dennoch fühle ich mich verpfichtet, darauf einzugehen.

Ich kenne Shalom Yerushalmi. Ich meine, er glaubt wirklich, was er geschrieben hat. Und er ist nicht der einzige. Darüberhinaus enthalten seine Worte auf höherem Niveau einen wahren Kern, der klargestellt werden muß. Diese Klarstellung ist gerade jetzt das Wichtigste. Denn die Wahrheit ist, daß der Tempelberg – sei er der Felsgrund unserer Existenz oder ein Pulverfaß (offenbar stimmt beides) – den archimedischen Punkt darstellt, der – auch wenn wir es vergessen haben – den Fokus für Israels gesamte Wirklichkeit bildet. Achtundvierzig Jahre lang haben wir versucht, diesen archimedischen Punkt zu vermeiden – der Erkenntnis aus dem Weg zu gehen, daß wir ohne den Tempelberg keine nationale Heimat in Israel haben werden. Diese Erkenntnis ist unerläßlich, denn wie immer, wenn wir nicht verstehen, stehen unsere Feinde bereit, es uns zu erklären.

Als der erste Weltkrieg zu Ende ging, gab es hier in Israel mehr oder weniger gar nichts. Im wesentlichen war es leer. Es gab, natürlich, bereits seit Jahrhunderten Juden hier und dann kam die erste Aliyah. (Meine Familie war schon 30 Jahre früher eingewandert und hatte sich in Galiläa niedergelassen). Und es gab, natürlich, die Siedler von Petach Tikvah und Rishon Letzion (die meisten von ihnen übrigens recht gesetzestreu). Es gab hier auch Araber. Aber als ganzes gesehen war das Land Israel verwüstet und verlassen. Die Briten waren wirklich bestrebt, ihr Versprechen der Balfourdeklaration einzuhalten. Sie hatten die volle Absicht, ihr von den Nationen der Welt auf der Konferenz von San Remo übernommenes Mandat umzusetzen: Auf beiden Ufern des Jordantales eine nationale Heimstatt für die jüdische Nation zu etablieren. Im Jahrzehnt nach ihrem Triumph über die Türken riefen die Briten die Juden auf, nach Israel zu kommen und unseren jüdischen Staat zu gründen. Aber genau wie die 100 Rabbis, die diese Woche einen Aufruf an die Juden verfaßten, nicht den Tempelberg zu besuchen, unterschrieben – damals – 100 Rabbis ein Dokument mit dem Aufruf an die Juden, keine Aliah (Aufstieg) ins Land Israel zu machen. Es gibt wirklich nichts neues unter der Sonne.

Und so bleiben die Juden in Europa. Und sie stiegen wirklich auf. Nicht in das Land Israel sondern durch Schornsteine.

Im Land Israel erwachte statt des jüdischen der arabische Nationalismus und begann, die jüdischen Gemeinden im Heiligen Land abzuschlachten. Die Massaker von 1929 und 1936 rasten durch ganz Israel – von Hebron bis Tiberias, Jaffa und Tel Aviv. Derjenige, der sie orchestrierte, war der “–Herzl–“ des als Gegenpol zum Zionismus gerade neu gegründeten „palestinensischen“ Nationalismus – Haj Amin el Husseini. Als die Briten Husseini aus dem Land Israel auswiesen nahm er Kontakt zu Hitler, möge sein Name ausgelöscht sein, auf, verbrachte seine Zeit in Europa, lernte, Todeslager zu betreiben, stellte muslimische Einsatzgruppen zusammen und plante ein süßes kleines Auschwitz im Land Israel, im Dotantal (eine Viertelstunde von meinem Zuhause entfernt) – dicht an der Hejaz-Bahn – genau wie in Europa. G"tt sei dank hielt Montgomery Rommel in El Alamein auf und die palestinensichen Pläne mußten verschoben werden.

Nach meinem besten Wissen besuchte nicht ein Jude den Tempelberg während oder vor den Holocaustjahren (und der Tempelberg interssierte die Muslime geanusoviel, wie Judäa und Samaria die „Palästinenser“ während der jordanischen Herschaft interessierten). Die Briten schränken in jenen Jahren sogar das Beten an der Westmauer drastisch ein. Aber – Wunder über Wunder – Husseini rief seine Anhänger auf „die Juden zu töten“, weil sie die al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg zerstörten mit der Folge der Gemetzel von Hebron und Tiberias.

Auch heute tun die Juden auf dem Tempelberg nichts von dem, was die Araber behaupten, daß sie täten. Wenn ein Jude nur einen kurzen Segen über einen Apfel ausspricht, wird die Polizei ihn verhaften und von dort verweisen. Dennoch, auch heute dient der Tempelberg als Vorwand, Juden abzuschlachten.

Tief im Inneren spürt das Gegenbild des Zionismus – der arabische Nationalismus –, daß hier auf dem Tempelberg die Frontlinie verläuft, ganz egal ob sich Juden dort aufhalten und was sie dort tun.

Shalom Yerushalmi und Moshe Dayan, der Vereteidigungsminister von 1967, Binyamin Netanyahu und die Journalistin Ilana Dayan können solange sie wollen von einer kleinen Schweiz träumen, mit einer hohen Mauer entlang der Grenzen von von 1967, hinter der wir alle vergessen können, daß wir (verfolgte) Juden sind und einfach an „unserem Platz unter den Nationen“ (so der Titel von Netanyahus Buch) leben. Sie können ihre Mauer sogar bauen, sie können sogar unsere blau-weiße Fahne einrollen und sie unter internationaler Trägerschaft durch alle Farben des Regebogens ersetzen. Sie können selbst die Briten zurückholen und das Beten an der Westmauer wieder verbieten. Es wird ihnen nicht helfen. Der sprichwörtliche „Husseini“ wird immer wieder auftauchen und sie abschlachten – wegen des Temepelberges.

Ich las einmal einen Artikel über deutsch-jüdische Holocaustüberlebende, die immer noch den polnischen Juden die Schuld für die von Deutschen begangenen Greuel zuschieben. „Wenn ich die Ultraorthodoxen sehe, kann ich die Nazis verstehen.“ sagte der iraelische Nobelpreisträger Tumarkin. Hätten jene polnischen Juden nur wie ich ihre Bärte geschoren, wären die Nazis nicht verärgert worden und hätten uns nicht alle verbrannt… Es ist schwer für Juden, die nach nichts anderem suchen als einem Platz unter den Nationen, Juden die aussehen wollen wie sie, essen wie sie, sprechen wie sie – eine Nation wie alle anderen Nationen sein wollen. Es ist schwer für sie, die Tatsache zu akzeptieren, daß sie, selbst wenn sie alle äußeren Zeichen abgelegt haben, für immer das Wort Jude als Brandmal auf ihrer Stirn tragen werden. Sie werden stets ihren Brüdern die Schuld am Versagen der nationalen Assimilation geben. Denn wenn sie die Nationen der Welt beschuldigten, dann bedeutete dies die Unmöglichkeit unserer jüdischen Identität und unserem Schicksal zu entgehen.

Und das ist die Geschichte, die heute auf dem Tempelberg stattfindet.

Die Botschaft, verkündet von der unvergänglichen Nation, die die Ewigkeit berührt hat, geht in ihrer Gesamtheit aus dem Ort hervor, den G"tt auserwählt hat. Der Tempelberg ist wahrhaftig der unentbehrliche Urgrund unserer Existenz. Der Berg ist mehr als ein rührseliger Ort. Er ist nicht einmal ein geschichtlicher Ort. Er gleicht eher einer riesigen Steckdose, an die der Antrieb Israels angeschlossen ist und aus der er über die vergangen dreitausend Jahre versorgt wurde.

Wir konnten unsere Identität bewahren und in unser Land zurückkehren gerade weil wir, trotz aller Auschwitze, nie unseren nationalen Stecker vom Anschluß im Herzen Jerusalem getrennt haben. Darüberhinaus und vor allem fährt dieser Anschluß fort, unsere Lebenskraft hier und heute zu liefern. Gerade in diesem Moment. Denn in Wahrheit gibt es ohne unsere Botschaft keinen Grund für unser Dasein und wir würden – G"tt bewahre! – genau wie die Generation in der Wüste enden, die ihr Schicksal nicht erfüllen und das Land Israel nicht betreten wollte.

Nicht wegen Israels Hi-Tech oder seiner Panzer werden wir weiterbestehen (und ich bin der letzte, der Notwendigkeit von beiden herabsetzte). Es ist auch nicht unserer Vergangenheit wegen – so glorreich sie auch sein mag. Es ist die Zukunft, die unserem Leben Bedeutung und Geltung verleiht. Nicht unser Dasein macht unser Geschick möglich. Ganz im Gegenteil: Unser Schicksal ermöglicht unsere Existenz. Und unser Geschick ist vollständig an den Tempelberg gebunden. Wir haben versucht, Ersatz zu schaffen: Alle sind sie gescheitert und unsere Stärke wurde aufgezehrt. Wir leben von Schutzgeldern an Gaza, gezahlt in Form von Lastwagenladungen voll Geld und kostenloser Strom,versorgung, die wir ihnen geben, damit sie nicht auf uns schießen. Und wenn sie trotzdem zwei Monate lang Tel Aviv beschießen fällt uns keine Lösung ein. Die Welt glaubt nicht länger an uns und die Rechtmäßigkeit unserer Existenz schwindet langsam dahin. Was Begin vor dreißig Jahren im Iraq getan hat, sind wir außerstande heute im Iran zu tun – und das, obwohl wir heute erheblich stärker geworden sind als damals.

Je weiter wir von unserem Schicksal abirren, desto schwächer werden wir.

„Wir haben für euch einen Staat aufgebaut, weil wir von einem Ort träumten, an dem das Buch der Bücher geschrieben würde, während wir auf die Erlösung der Welt zugehen. Schließlich seid ihr die geschätzte Nation“, erklärte eine Gruppe britischer Intellektueller Professor Ze’ev Tzachor den Verlust israelischer Legitimaltion in London. „Wir hatten Erwartungen, und seht euch an, was ihr getan habt.“ Ich hätte das jüdische Schicksal nicht besser zum Ausdruck bringen können als sie.

Die Muslime von Husseini dagegen brauchen alle diese verwickelten Formeln nicht. Sie brauchen weder die britischen Intellektuellen noch meine Artikel. Mit ihren scharfen Sinnen verstehn sie alles besser als wir alle – die Gläubigen und die Zyniker zusammen. Sie verstehen sehr gut, daß selbst wenn ihr euch in Tel Aviv einschließt, wenn ihr euch vollständig von dem „Pulverfaß“ auf dem Tempelberg abtrennt; selbst wenn ihr euer Schicksal vollständig verleugnet – eure Kraft trotzdem von dort herrührt. Und je mehr ihr Angst habt und euch von dem materiellen Ort absetzt, aus dem sie hergeht – desto mehr werden eure Feinde überzeugt sein, bald den Stecker aus dem Anschluß herausziehen zu können. Sie träumen davon, dort ihren eigenen Stecker anschließen zu können und ihren eigenen Zionismus zu erschaffen: „Palästinensismus“. Je mehr ihr den Berg flieht, desto mehr werden sie ihre Messer in eure Rücken in Tel Aviv einstechen. Wegen des Tempelberges.

Genau wie jene deutschen Juden versuchen auch wir verzweifelt unsere Identität zu verleugnen. Heute tun wir es, indem wir unser Schicksal leugnen. Deshalb haben wir solche Angst vor dem Tempelberg und sind so wütend über die Juden, die ihn besuchen und darauf bestehen, uns mit ihm zu verbinden. Genau wie jene deutschen Juden ziehen wir es vor, zu glauben, es liege an jenen polnischen „Ostjuden“ – an jenen Juden, die auf den Berg steigen und die Araber ärgern. Das stimmt sogar. Sie werden tatsächlich verstört, wenn Juden den Berg besuchen – selbst wenn sie dort nicht beten. Mit ihrer reinen Anwesenheit beweisen diese Juden, daß der Stecker noch tief in der Dose steckt.

Aber wie die deutschen Juden, deren deutsche Staatsbürgerschaft sie nicht vor ihrem geteilten Schicksal mit den polnischen Juden schützte, werden auch wir unserem Schicksal,nicht entgehen, das dicht mit dem Tempelberg verwoben ist. Und es wird nicht helfen, die wenigen Juden zu beschuldigen, die unser geteiltes Schicksal nicht leugnen. Alle Juden – gesetzestreu oder nicht – teilten dieselben Viehwagen, nachdem sie entschieden hatten, nicht die Aliah ins Land Israel zu machen; egal ob sie ihre jüdische Identität bewahrten oder ihr zu entfliehen suchten. Und wir werden alle dieselben Messer teilen, und Raketen und Terror – solange wir uns weigern zum Berg zurückzukehren. Heimzukehren.

Das englische Original steht in meinem Blog und die Quelle ist The Jewish Leadership Blog.

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