„Zumutung“: Kölner Ex-Dombaumeisterin rechnet mit Formular-Kampf nach Todesfall ab

18. 01. 2019

Barbara Schock-Werner schildert ihre Erfahrungen mit den Behörden.

Von Barbara Schock-Werner

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Vor kurzem habe ich nach 40 Jahren Ehe meinen Mann verloren. Wie für alle Angehörigen ist dies auch für mich ein schmerzhafter Einschnitt, den man erst einmal verarbeiten muss. Das dauert sicher noch eine Weile.

Ich sehe ein, dass solch ein Vorgang auch von Staats wegen registriert werden muss, ebenso die Regelung eines Erbes oder der Versorgung der Hinterbliebenen. Man bekommt dafür Fragebögen zugeschickt, die es zügig auszufüllen gilt. Das Formular des Amtsgerichts konnte ich noch relativ einfach ergänzen, auch wenn ich nicht weiß, ob Wortungetüme wie „Geburtsstandesamtsregisternummer“ dabei hilfreich sind.

Der Fragebogen jedoch, den mir das Landesamt für Finanzen aus Ansbach – mein Mann war zuletzt bayerischer Beamter – zukommen ließ, brachte mich an den Rand meiner Fähigkeiten. Ich habe eine Ingenieursprüfung abgelegt, einen Doktor- und einen Professorentitel erworben. Doch zum Ausfüllen der „Erklärung über den Rentenbezug zum Vollzug versorgungsrechtlicher Vorschriften (Hinterbliebene)“ bin ich offenbar nicht intelligent genug.

Viele sehr kleine Buchstaben

Es fängt schon damit an, dass Layout und Form offenbar seit der Erfindung des Vordrucks gleichgeblieben sind: alles auf engstem Raum gedrängt und mit sehr vielen sehr kleinen Buchstaben gefüllt. Um Name und Adresse in den wenigen dafür zur Verfügung stehenden Platz einzutragen, darf man eigentlich nur Ulf Baur heißen und in Ulm wohnen. Was machen Menschen mit einem durchschnittlich langen Namen oder gar Leute wie ich, die mit Doppelnamen geschlagen sind?

Der behördlichen Aufforderung, „Bitte in Maschinen-, Druck- oder Blockschrift schreiben!“, kann man kaum nachkommen. Haben Sie für solche Fälle etwa noch eine klassische Schreibmaschine im Schrank? Ich nicht. Und meine Handschrift ist beim besten Willen nicht für Miniatur-Kalligraphie ausgelegt.

Aber dann erst der Inhalt! Wörter wie „Der Versorgungsurheber“ oder die Frage, „Liegt eine Elterneigenschaft vor?“, sind nur die krassesten Beispiele für Formulierungen, die mich samt und sonders ratlos hinterlassen haben. Ich will gar nicht darauf herumreiten, dass der „Versorgungsurheber“ von den Formularurheberinnen (?) und -urhebern offenbar nur männlich gedacht ist und die Vorstellung im Behörden-Weltbild nicht existiert, dass auch Frauen einen Rentenanspruch haben und damit zur „Versorgungsurheberin“ für einen männlichen Hinterbliebenen werden könnten. Was mich jedoch maßlos geärgert hat und eigentlich nach wie vor fassungslos macht, ist, dass man den Trauernden so kurz nach dem Tod ihres Angehörigen so etwas überhaupt zumutet. Ich gehe nun wirklich täglich mit Schriftgut um. Wenn schon ich trotzdem erhebliche Schwierigkeiten habe, was machen dann weniger geübte Hinterbliebene? Welch eine Rücksichtslosigkeit! Welch eine Behörden-Ignoranz! Kann man solche Formalitäten, deren Notwendigkeit ich keineswegs bestreite, nicht verständlich und praktikabel gestalten?

Wust von Paragrafen

Kann man im digitalen Zeitalter keine Anleitungen für solche Prozeduren geben? In dem ganzen Wust von Paragrafen, kryptischen Begriffen, Kästchen und Fußnoten nicht die Spur einer Erläuterung. Nicht der geringste Hinweis darauf, wer einem helfen könnte, wenn man etwas nicht versteht. Nichts, gar nichts! Sie knallen einem das ganze Zeugs auf den Tisch und lassen einen damit allein. Wo bleibt hier eigentlich der Service, die vielbeschworene Kunden-Orientierung?

Nun war das ein Fragebogen aus Bayern, wo in den Ämtern und Behörden ja Kreuze aufgehängt sein sollen. Mag sein, dass mit Gottes Hilfe auch der Papierkrieg leichter fällt. Ich bin mir da aber nicht so sicher. Ob badische, hessische oder rheinische Fragebögen wohl bürgerfreundlicher sind? Vielleicht hätte ich das einmal nachprüfen sollen. Aber ehrlich gesagt: Dazu fehlen mir gerade die Kraft und die Nerven. Mir reicht schon die Frage: Wieso müssen wir uns so etwas bieten lassen?

Aufgezeichnet von Joachim Frank

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger

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