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Ausgabe 20/19 vom 10. Mai 2019
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Wer hat’s erfunden? Das ist die Gretchenfrage, die sich in bezug auf Greta Thunberg und die sogenannte „Fridays for Future“-Bewegung derzeit viele stellen. Waren es ganz allein die Schüler, die dem Beispiel der 16 Jahre alten Schwedin folgten und wie sie jeden Freitag morgen die Schule schwänzen, um ein Zeichen gegen den Klimawandel zu setzen? So jedenfalls behaupten es jene, die den wöchentlichen Klima-Demonstrationen in über 300 Städten Deutschlands und in mehr als 175 Ländern wohlwollend gegenüberstehen.
Oder war es die Öko- und Klima-lobby mit ihren zahlreichen, weitverzweigten internationalen Umweltorganisationen, die Kinder und Jugendliche vor ihren Karren spannen und für ihre politische Agenda mißbrauchen? Letzteres ist von den Skeptikern des „Fridays for Future“-Hypes zu vernehmen.
Wer die Internetseite der Bewegung dieser Tage aufruft, dem springt in dicken Lettern ein Datum entgegen: „24. Mai – Globaler Klimastreik zur Europawahl“. Ein Thema, dessen Aufmerksamkeitswert in Deutschland vor allem die Umfragewerte von Bündnis 90/Die Grünen nach oben schnellen läßt. Glaubt man den Demoskopen, so würden dieser Tage knapp 20 Prozent ihr Kreuz bei der im Bundestag kleinsten Oppositionspartei machen. Das noch im vorigen Jahr dominierende Migrationsthema ist in der medialen Berichterstattung in den Hintergrund getreten.
„Fridays for Future“ (FFF) als Wahlkampfmotor der Grünen? Wie stark sind die personellen und institutionellen Verflechtungen zwischen der Bewegung und Politikern sowie NGO-Funktionären wirklich?
„Alle Ortsgruppen können beim Flyerdruck finanzielle Unterstützung bekommen“ kündigt die Bewegung auf ihrer deutschen Internetseite an. Um das zu ermöglichen, sei man auf Spenden angewiesen. Das ausgewiesene Spendenkonto gehört allerdings nicht „Fridays for Future“, sondern der von UN-Mitarbeitern ins Leben gerufenen Organisation „Plant-for-the-Planet“.
Deren Vorstandsvorsitzender ist Frithjof Finkbeiner, eine Art Multifunktionär für internationale Klimaorganisationen. Unter anderem ist er auch Vorsitzender der Stiftung Weltvertrag, deren Hamburger Büro die Arbeit der „Global Marshall Plan“-Initiative organisiert. Hinter diesem unmittelbar nach der Wende angeschobenen Megaprojekt stehen mächtige Initiatoren. Der ehemalige sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow zählt ebenso dazu wie der einstige US-Vizepräsident Al Gore, der Milliardär George Soros oder der voriges Jahr verstorbene ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan.
Gleichzeitig fungiert Finkbeiner auch als Vizepräsident des Club of Rome (CoF) und Aufsichtsratsvorsitzender der vom CoF ins Leben gerufenen „Desertec Foundation“. Deren Vorstand Andreas Huber ist zugleich Geschäftsführer der Deutschen CoR-Gesellschaft. Präsident des CoR-Deutschland ist der Meteorologe Mojib Latif, Dauergast in Fernsehsendungen, der für die Grünen 2017 der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten angehörte. Auf der „Fridays for Future“-Demonstration in Hamburg Anfang März trat der Sohn des Imams Choudhry Abdul Latif gemeinsam mit Greta Thunberg als Hauptredner der Veranstaltung auf. Einer Veranstaltung, die doch eigentlich von Schülern für Schüler sein sollte.
Auch bei Greta Thunberg stellt sich die Frage, wie unabhängig das internationale Aushängeschild der FFF-Bewegung wirklich agiert. Der schwedische PR-Unternehmer Ingmar Rentzhog nutzte das Konterfei der 16jährigen, um für sein Klimaunternehmen „We Don’t Have Time“ Investoren anzulocken. Das Unternehmen fungiert als Partner des von Al Gore initiierten Climate Reality Projects, das weltweit sogenannte „Klimaführer“ ausbildet, die Gores umstrittenen Film „Eine unbequeme Wahrheit“ weiter verbreiten und in ihren Ländern und Regionen Führungsrollen beim Klimaschutz übernehmen sollen. Zentrale Forderung von Climate Reality Project: die Einführung von CO2-Steuer und Emissionsrechtehandel.
Von November 2018 bis Januar 2019 war Greta Thunberg, damals noch 15, in der Stiftung von „We Don’t Have Time“ als Leiterin der Jugendabteilung aufgeführt. Ohne ihr Wissen, wie sie später klarstellt.
In einem Facebook-Beitrag hatte sie zudem eingeräumt, daß sie im Mai 2018 von Bo Thorén, einem Vertreter der radikalen Umweltorganisation „Extinction Rebellion“ (XR), kontaktiert worden sei, nachdem sie einen Schreibwettbewerb zum Thema Umwelt der schwedischen Zeitung Svenska Dagbladet gewonnen hatte. Thorén sei es auch gewesen, der die Schulstreiks als Idee ins Spiel gebracht habe.
Bei XR handelt es sich um eine Gruppe fanatischer Klimaaktivisten, die in westlichen Industrieländern zu zivilem Ungehorsam aufrufen und nach Aussage ihres Mitbegründers Roger Hallam eine politische Krise herbeiführen wollen. Vertreter von Extinction Rebellion waren es auch, die es Greta Thunberg ermöglichten, sich für den UN-Klimagipfel in Kattowitz überhaupt erst zu akkreditieren.
Thorén ist zudem Vorstandsmitglied der international agierenden Klimakampagne „Fossil Free“ in der schwedischen Provinz Dalsland, über die er Thunberg „mit anderen Jugendlichen“ in Kontakt brachte.
Vielleicht auch mit Luisa Neubauer, dem deutschen Gesicht der FFF-Bewegung. Die 22 Jahre alte, mit einem Stipendium der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung ausgestatteten Geographie-Studentin zählt ebenfalls zu den Aktivisten der „Fossil Free“-Bewegung. Sie ist Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen und der Grünen Jugend, schrieb zudem für das Greenpeace-Magazin.
Im Oktober vorigen Jahres hatte sie einen offenen Brief verfaßt, in dem sie die Bundesregierung aufforderte, die geplanten Rodungen im Hambacher Forst durch den Energiekonzern RWE zu verurteilen. Zu den Unterzeichnern zählten neben der stark in die FFF-Bewegung involvierten Bund-Jugend auch Felix Finkbeiner, Sohn des Klimafunktionärs Frithjof Finkbeiner.
Wie Greta Thunberg wurde der 22jährige schon in jungen Jahren für den Klimaschutz aktiv – und wie Thunberg mit Lob und Auszeichnungen überschüttet. Mit zwölf erhält er die Bayerische Staatsmedaille. Zwei Jahre später kürt ihn der britische Guardian zu den 20 Grünen Riesen, der Focus ernennt ihn zu den 100 einflußreichsten Deutschen. Mit 16 gibt es für ihn den Bürgerkulturpreis des Bayerischen Landtags, im vergangenen Jahr folgte das Bundesverdienstkreuz. Und ähnlich wie Thunberg hatte er bereits seinen großen Auftritt, als er 2011 vor der UN-Vollversammlung sprechen durfte – im zarten Alter von 13.
Daß dies alles durch rein eigenes Engagement zustande gekommen sein soll, erscheint wenig glaubhaft. Und so muß man auch die Aktivitäten der FFF-Bewegung hinterfragen, die ein enormes logistisches Können erfordern und ohne einflußreiche Kontakte kaum denkbar sind.
Auch der Autritt von FFF in den sozialen Medien erscheint hochprofessionell. Die Internetseite weist als Verantwortliche den Namen Ronja Thein aus, Lorentzendamm 6–8 in Kiel. Doch wer sich in der Straße umsieht, stößt nicht etwa auf das Haus oder die Wohnung von Thein. Vielmehr verbirgt sich hinter der Adresse ein sogenanntes alternatives Kulturzentrum, kurz „Alte Mu“ genannt. Das Gebäude mit seinen graffitibeschmierten Wänden wirkt in der Gegend wie ein Fremdkörper. Umgeben ist es von luxuriösen Villen und modernen Bürogebäuden, in deren Fenstern sich Himmel und Wolken spiegeln.
In dem Kulturzentrum – einst Domizil der Kieler Kunsthochschule – empfängt einen dagegen der Charme grün-alternativer Verbotskultur. „Die Alte Mu ist kein Ort für Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Homophobie, Ableismus & Mackertum“ steht in bunten Buchstaben an der gläsernen Eingangstür.
Mehr als 50 linke Projekte haben in dem Gebäudekomplex ihren Raum. Es ist eine Ideenwerkstatt und Begegnungsstätte für das grün-alternative Milieu. Magazine wie Der Schlepper, herausgegeben vom Förderverein Pro Asyl, oder Magazine der Umweltorganisation „Robin Wood“ liegen hier ebenso aus wie Flugblätter von Anti-Atomkraftgruppen, „Fair“-Handel, „Eine-Welt“-Initiativen und interkulturellen Projekten für Asylbewerber. Inmitten dieses Milieus befindet sich zwar nicht Ronja Thein, wohl aber ein Raum von „Fridays for Future“ – verschlossen.
„Die kommen, wenn sie Bock haben“, sagt eine Frau mit gefärbtem Haar im benachbarten Alternativ-Café und verweist auf Facebook als Kontaktmöglichkeit. Auch an der verschlossenen Tür zum „Fridays for Future“-Raum hängen lediglich Verweise auf das Internet und soziale Medien. So bleibt es unpersönlich.
Von einer Ronja Thein kann oder will hier kaum jemand etwas Genaueres erzählen. Angeblich lebe sie gar nicht in Kiel, sondern „irgendwo in Bayern“. Dagegen fällt bei den Leuten in der „Alten Mu“ immer wieder der Name Jakob Blasel als führende Figur der Bewegung, ein Vorstandsmitglied der Kieler Grünen Jugend. Blasel gehört auch der Greenpeace-Jugend an. In Deutschland zählt er zum innersten Zirkel von „Fridays for Future“, ist regelmäßiger Interviewpartner, wird in Talkshows eingeladen. Er war es auch, der Greta Thunberg begleitete, als der 16jährigen die Goldene Kamera überreicht wurde.
An der Tür klebt noch ein altes FFF-Plakat, das einen Schulstreik ankündigt. Auch mit Impressum versehen. Darin steht nicht Ronja Thein, sondern Linus Steinmetz aus Göttingen. Steinmetz ist in Göttingen Vorstandsmitglied der Grünen Jugend, gehört wie Blasel der Greenpeace-Jugend an und zählt ebenfalls zur FFF-Führungsgruppe. Als Schülersprecher hatte er sich zu Beginn des Schuljahres noch für Unisex-Toiletten eingesetzt. Das war bevor er auszog, um das Weltklima zu retten. Geht es um Stellungnahmen gegenüber Medien, gehört er mit zu jenen, die besonders häufig von Journalisten kontaktiert werden. Ebenso wie Ragna Diederichs. Die 18jährige kommt aus dem Göttinger Umland, entstammt ebenfalls der Grünen Jugend.
Wie eng das Zusammenspiel zwischen jugendlichem Engagement, Politik, Medien, Mäzenen und Klimakonzernen funktioniert, wird an Franziska Wessel deutlich, die neben Carla Reemtsma die Führungsgruppe von „Fridays for Future“ komplettiert.
Ihr Vater Günther Wessel ist freier Journalist, arbeitet unter anderem für das Deutschlandradio und weitere öffentlich-rechtliche Rundfunksender. Ihre Mutter Petra Pinzler ist Korrespondentin bei der Zeit. Gemeinsam erhielt das Paar übrigens den Umweltmedienpreis. Verliehen von der jüngst als Abmahnverein ins Gerede gekommenen Deutschen Umweltstiftung.
Ich danke dem Verlag für die Erlaubnis, den Artikel hier vollständig wiedergeben zu dürfen.
Die Onlineversion steht im Archiv der JF.