Das Buch zum Greta-Phänomen

2019-08-15

Von P.D., Gastautor bei Vera Lengsfeld

Ich habe das Buch von Gretas Mutter, Malena Ernman, gelesen und möchte es in einer kleinen Reihe diskutieren. Denn dieses Buch ‚Szenen aus dem Herzen‘ ist erstaunlich interessant, brutal ehrlich und nebenbei auch sehr lesenswert geschrieben.

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12. Juni 2019
Vorwort oder die deutsche Umdichtung der ‚Szenen aus dem Herzen‘

Es ist die Beschreibung einer persönlichen, sehr tiefen Familienkrise, nämlich der von Mutter und Opernsängerin Malena Ernman, ihrem Mann Svante Thunberg und ihren gemeinsamen Töchtern Greta und ihrer drei Jahre jüngeren Schwester Beata – die Vorgeschichte und der Hintergrund für die dann in die Weltöffentlichkeit gekommene #Greta-Klima-Schulstreik-Kampagne, die im August 2018 unmittelbar vor der schwedischen Wahl losgetreten wurde und Stand heute Greta Thunberg zu einer Weltberühmtheit und auf den time-Titel gebracht hat.

Statt einer großen Einleitung möchte ich kurz auf die unterschiedliche Vermarktung in Schweden und Deutschland hinweisen – dabei geht es mir nicht um den moralischen Zeigefinger, sondern um die Beschreibung und Detailierung von Mechanismen, die für das Verständnis der Gesamtzusammenhänge nicht ganz unwichtig sind.

Das Buch ist ganz eindeutig von Malena Ernman geschrieben, der Text ist auch durchgehend in Ich-Form gehalten. Trotzdem wurde schon die schwedische Ausgabe als Doppelautorschaft Malena Ernman und Svante Thunberg verkauft. Immerhin ziert das damals in Schweden mit Abstand bekannteste Gesicht der Familie, die Mutter, das schwedische Buchcover. Melana Ernman war 2009 in Schweden vielbeachtete Gewinnerin des Vorausscheids für den Eurovision Song Contest – ich komme auf dieses prägende Ereignis noch im Detail zu sprechen. Psychologisch interessant ist das gewählte Coverbild von Malena – eine konsequente Bebilderung einer in weiten Teilen drastischen Beschreibung eines familiären Katastrophengebiets. Ganz sicher jedenfalls nicht das Pressephoto eines 48-jährigen Opernstars.

Beachtenswert ist die deutsche Auflage von S. Fischer. Plötzlich ist ‚Szenen aus dem Herzen‘ ein Buch der gesamten Familie – die Töchter Greta Thunberg (wurde Anfang 2019 16 Jahre alt) und Beata Ernman, die drei Jahre jünger ist, sind als Autoren ergänzt. Aber vor allem ziert das deutsche Cover ein Kampagnenbild von Greta (in Deutschland hat man ja überhaupt erst relativ spät gemerkt, dass Greta eine Familie und eine Vorgeschichte hat) und der Inhalt des Buches wurde mit dem völlig verqueren ‚Unser Leben für das Klima‘ ad absurdum geführt.

Dieser süßlich heuchlerische Untertitel sagt natürlich viel über die deutsche Sicht auf die Klimafrage aus, aber deutsche Doppelmoral ist hier nicht das zentrale Thema. Mit dem Buch hat der Untertitel jedenfalls nichts zu tun, wie Sie schnell merken werden.

Ich hoffe, damit konnte ich Ihr Interesse wecken.

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12. Juni 2019
Die Mutter oder eine wunderbare Zeit

In Ihrem Buch ‚Szenen aus dem Herzen‘ beschreibt Malena Ernman ehrlich und ziemlich schonungslos, wie ihr erfolgreiches Leben als Opernstar aus dem Ruder läuft. Malena Ernman ist musikalisch hochbegabt und hat das Privileg am Ende einer guten Ausbildung im inneren Zirkel der schwedischen und globalen Opernwelt fest etabliert zu sein. Ihre Opernkarriere ist offenbar sehr erfolgreich und bringt sie in eine finanziell sehr auskömmliche Lage. An ihrer Seite ist ihr Mann Svante Thunberg – im Buch wird nicht so ganz deutlich, seit wann sie zusammen sind, aber sie haben zwei gemeinsame Töchter, Greta (Jg. 2003) und Beata (Jg. 2005) – laut Wikipedia sind sie seit 2004 verheiratet.

Malena Ernman beschreibt die Jahre bis zum Beginn der familiären Katastrophenzeit als sehr glücklich. Svante verzichtet nach Gretas Geburt (im Alter von 34 Jahren) auf seine eigene Karriere als Schauspieler und Künstler und managt Malena und die Familie. Malena charakterisiert eine insgesamt 12 Jahre dauernde Zeit als ‚anstrengend, aber auch wahnsinnig schön‘: Zwei Monate in einer Stadt und dann weiter zur nächsten: Berlin, Paris, Wien, Amsterdam, Barcelona usw. usw.

Die Sommer verbringt die Familie, die wie erwähnt offenbar auf Grund der sehr erfolgreichen Opernkarriere von Malena finanziell außerordentlich gut ausgestattet ist, in Glyndebourne, Salzburg oder Aix-en-Provence.

‚Frei und ungebunden‘. Malenas Opernarbeit und Svante als Manager und Familienmanager, keine Verwandten (außer Svantes Mutter), keine Freunde, keine Abendeinladungen, keine Feiern.

Malena: ‚Unser Alltag war unvergleichlich. Unser Alltag war einfach wunderbar.‘

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13. Juni 2019
Tochter Greta oder eine Schule für Lehrer mit besonderen Wünschen

Tochter Greta tritt als eigenständiger Akteur im Buch von ihrer Mutter Malena Ernman als Störfaktor in Szene 6 ‚Gnocchi‘ auf. Malena beschreibt schonungslos, wie ihre Tochter im Alter von 10/11, wir schreiben das Jahr 2014/15, in eine ganz schwere psychologische Krise gerät. Sie leidet unter schweren Essstörungen, die von der Mutter als tendenziell lebensbedrohend wahrgenommen werden.

Eindrücklich beschreibt Malena, wie sie und Svante zusammen um das Wohl der Tochter kämpfen müssen: Jede Mahlzeit gerät zum Ausnahmezustand. Die Familie dokumentiert die benötigte Zeit und die erkämpften Esserfolge: ‚Mittagessen: 5 Gnocchi. Zeit: 2 Stunden und 10 Minuten‘.

Greta ist die Tochter, die nach dem Vater schlägt. Insbesondere hat sie nicht das musikalische Talent der Mutter. Dafür treten bei Greta deutliche Symptome des Autismus-Spektrums zu Tage: ‚Asperger-Syndrom mit perfektionistischem Anspruch‘ lautet die offenbar treffsichere Diagnose einer Schulpsychologin. Greta hat ein photographisches Gedächtnis, einen starken Zug zu Naturwissenschaften und ein ausgeprägtes Gespür für moralische Widersprüche – ein in der Schule gezeigter Film über Plastikmüll macht alle ihre Mitschüler betroffen, aber nur Greta ist dann ehrlich empört, als die Lehrerin im Anschluss den Flug zu einer Hochzeitsfeier nach New York erwähnt. Sie nimmt die Verzichtsrhetorik der herrschenden Grünmoral offenbar wortwörtlich. Wobei eine stark übersteigerte Aversion gegen das Fliegen im Speziellen sehr auffällig ist. Ihre Radikalität ist dabei auch persönlich sehr verletzend, gerade auch, weil sie keinerlei Abstriche bei ihrer Familie macht. Ein trauriges Kernbeispiel beschreibt Malena in Szene 21. Vater Svante fliegt mit der jüngeren Tochter nach Italien um ihr aus einer akuten seelischen Krise zu helfen (was übrigens nur halb gelingt), nach der Rückkehr empfängt die Schwester die beiden mit dem Vorwurf: ‚Ihr habt gerade einen CO2-Ausstoß in Höhe von 2,7 Tonnen verursacht. Das entspricht der Jahresemission von fünf Einwohnern des Senegal‘. Der deutlich unterentwickelte empathische Zug ist ja mittlerweile auch in Deutschland bemerkt worden – dies ist vermutlich aber eher ein charakteristischer Teil des Asperger-Syndroms (wobei ich weder Psychologe noch Psychiater bin und mir auch keine aktuelle Literatur zum Asperger-Syndrom angeschaut habe).

Die Schule und das Schulsystem, dies sei nur nebenbei erwähnt, sehen übrigens sowohl Mutter als auch Tochter eher als Feinde. Zwar werden mehrere Lehrerinnen freundlich erwähnt, aber der Grundton ist ernüchtert, oft verbittert, aber auch durchsetzt von sehr hohem Anspruchsdenken an andere. Schwächen werden nicht geduldet. Pars pro toto ein Zitat aus Szene 51 (‚Gleiche Krankheit, verschiedene Symptome‘) – Greta beschwert sich, dass eine Lehrerin, für naturwissenschaftliche Fächer, die sie offenbar gut und kompetent findet, aus Selbstschutz nur Di-Do arbeitet: ‚Das hier soll eine Schule für Schüler mit speziellen Bedürfnissen sein, aber das ist sie nicht. Es ist eine Schule für Lehrer mit speziellen Wünschen.“

Interessant an dieser Stelle, finde ich nicht nur Gretas spezielle egozentrische Weltsicht, sondern die Haltung der Mutter, die die offenkundige bittere Ironie bezüglich ihres eigenen Buches/ihrer Probleme nicht erkennt: Hat sie vor lauter Kampf gegen Schule und Lehrerinnen (Malena erwähnt an einer Stelle ‚tausende e-mails‘, die sie ständig an Schule und Lehrerinnen schreibt) übersehen, dass hier eine Frau und Lehrerin genau das macht, wonach sich Malena so sehnt? Sich selber vor der völligen Überlastung zu schützen und sich eben nicht von der Gesellschaft moralisch dahingehend erpressen zu lassen, etwas von sich zu verlangen, was schlicht nicht zu leisten ist?

Man könnte dies das Malena-Greta-Symptom nennen…

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14. Juni 2019
Tochter Beata oder die schrecklichste Mutter der Welt

Tochter Beata ist ganz nach der Mutter geschlagen und offenbar auch deren Favorit. Durch Beatas neuropsychatrische Probleme wird eine schwierige Familiensituation unerträglich. Beata ist drei Jahre jünger als Greta und leidet wohl massiv unter der Überaufmerksamkeit der Eltern für die Probleme von Greta.

Und soll sie als die Jüngere sogar die Probleme der Älteren abpuffern? So lese ich jedenfalls den Satz in Szene 10 (‚Teufelskreis‘), wo Malena die Essstörungskrise von Greta beschreibt und erwähnt, dass Greta in der Schule massiv gemobbt wird und keine Freunde hat – ‚Ich kann Deine Freundin sein‘ sagt die 6jährige Beata laut Mutter in dieser Situation.

Bei Beata entlädt sich der psychische Druck innerhalb der Familie – nach außen gibt sie, ganz im Gegensatz zu Greta – eher die Musterschülerin. Die Mutter beschreibt die Ausbrüche ihrer Tochter als ‚meltdowns‘. Sie erträgt das Zusammenleben mit ihren Eltern nicht. Sie macht die Nacht zum Tag, schläft gegen 17:00 ein und steht um 3 Uhr morgens auf. In einer der schonungslosesten Szenen des Buches (Szene 20) bringt Beata ihre Vorwürfe auf den Punkt: ‚Du bist die schlechteste Mutter auf der ganzen Welt, du verdammte Bitch!“. Mir nötigt es Respekt ab, dass Malena diesen Kernsatz sogar zum Untertitel der entsprechenden Szene macht: ‚Die schlechteste Mutter der Welt‘.

Mit der offiziellen Diagnose ADHS, einem konsequenten low arousal-Ansatz (bloß Neurosen nicht verstärken) und einer Trennung – Greta und Svante und Malena und Beata leben in verschiedenen Wohnungen (die komfortable finanzielle Lage der Familie kann an dieser Stelle nicht oft genug wiederholt werden) scheint sich die Lage etwas zu stabilisieren.

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14. Juni 2019
Einschub I: Eurovision Song Contest 2009 oder Malenas Waterloo

Der eigentliche Einschnitt der beruflichen Karriere von Malena Ernman war ihr Sieg im schwedischen Vorausscheid für den Eurovision Song Contest 2009 und ihr Auftritt (und ihr Abschneiden) bei selbigem in Moskau. Malena beschreibt den ESC-Einschnitt ausführlich in Szene 4, 15 und 61.

In Szene 15 (‚Philanthropie-Junkies‘) bemerkt sie, wie der Erfolg im schwedischen Vorentscheid sie berühmt gemacht hat: ‚Ich war achtunddreißig Jahre alt, als ich berühmt wurde. Bekannt war ich schon, bevor ich den schwedischen ESC-Vorentscheid gewann.

Aber berühmt ist etwas anderes. Und diesen Unterschied kann man niemanden erklären, der es nicht selbst erlebt hat.‘

Aber der ESC macht Malena nicht nur berühmt, sondern ist ihr berufliches Waterloo. Sie möchte Oper und populäre Musik vereinen – der ESC und ihr Erfolg in Schweden scheinen die perfekte Gelegenheit. Aber sie scheitert grandios. Ihr Auftritt in Moskau ist ein Fiasko.

Und hier ist Malena, wie ich finde, auch ein Stück unehrlich. In Szene 61 schiebt sie ihr äußerst mäßiges Abschneiden in Moskau auf die Homophobie der russischen Gastgeber. Der eine oder andere erinnert sich sicherlich an die notorischen Vorkommnisse rund um die Moscow Pride–Demonstration beim ESC 2009. Die Schwulenszene, ein traditionell großer Fanteil des ESC-Rummels, demonstrierte für ihre Rechte in Moskau und die friedlichen Demonstranten wurden massiv vom Staat und der Moskauer Polizei attackiert. Nach eigenen Angaben hat nur Malena, Schweden und die Spanische Teilnehmerin sich solidarisch mit den Demonstranten und kritisch gegenüber der russischen Staatsmacht gezeigt und wurden dafür von der Jury mit dem letzten (Spanien) und drittletzten Platz (Schweden) abgestraft.

Eine kurze Recherche des ESC 2009 bestätigt zwar Malenas Aussage, dass sie sich offen solidarisch für Moscow Pride gezeigt hat, aber die Beeinflussung des Ergebnisses ist als These ziemlich gewagt: Die Platzierungen beim ESC kommen durch Voten aus den Teilnehmerländern – dies war auch beim ESC 2009 nicht anders. Hier bilden sich zwar auch politische Sympathien ab – so wurde der offenbar ziemlich biedere Beitrag der russischen Gastgeber mit Hilfe der Staaten der früheren Sowjetunion (und vermutlich der der dort ansässigen russischen Minderheiten) immerhin noch auf Platz 11 gevotet. Sieger waren aber zwei künstlerisch überzeugende Beiträge aus Skandinavien. Ein junger Norweger mit Abstand auf Platz 1 und der isländische Beitrag auf Platz 2. Wenn man sich die finalen Platzierungen ansieht, dann bemerkt man noch eine weitere ‚Ungenauigkeit‘ – Malena und Spanien erhielten immerhin einige Punkte, so dass sie den viertletzten (#21) und vorletzten Platz (#23) der Teilnehmer mit Punkten erreichten. Es folgen aber nach dem letzten Platz mit Punkten (Finnland, #25)) noch 17 Beiträge ohne jeglichen Punkt!

Malena muss sich zugestehen, dass sie in Moskau an ihren eigenen künstlerischen Ansprüchen gescheitert ist und nicht etwa Opfer böser politischer Mächte wurde.

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15. Juni 2019
Einschub II: Klima oder die Feigheit der selbsternannten Feministin

Um Klima geht es in den ‚Szenen aus dem Herzen‘ natürlich auch ab und zu. Aber dem geneigten Leser dürfte klar sein, zu welchem Urteil ich hier komme. Sind die Beschreibungen der familiären Belastungen und neuropsychiatrischen Probleme der Töchter offen, schonungslos und meist ehrlich, so wirken die Passagen über Klima, Klimaforschung und Klimapolitik aufgesetzt und tendenziell peinlich.

Greta hat offensichtlich von Klima- und Klimaberichten sehr viel Ahnung. Für Mutter Malena gilt dies nicht – die entsprechenden Passagen wirken kopiert, nachgebetet und sind von erbarmungswürdiger Schlichtheit (das CO2-Budget ist wie ein gemeinsamer Kuchen, an dem wir essen – immer wenn wir fliegen, nehmen wir dem Rest der Welt ein Stück vom Kuchen weg). In der gleichen Szene zitiert Malena auch einen schwedischen-englischen Klimapapst, Kevin Anderson, der sagt: ‚Der Mensch ist wie Meteorit mit Bewusstsein‘ – so nennt Malena auch diese Szene 53.

Immerhin ist Malena auch in diesem Punkt relativ ehrlich: Bis vor drei, vier Jahren wusste sie nichts vom Klimawandel schreibt sie 2018. Jeder, der die jüngere Geschichte der CO2-Weltuntergangshysterie kennt weiß, dass man schon ziemlich selektiv durch die Welt gejettet sein muss, um zu ignorieren, dass die Klimakatastrophe-Geschichte schon mehrere frühere Höhepunkte hatte, erwähnt seien die Endachziger und die große Welle rund um das 2005 in Kraft getretene Kyoto-Protokoll und den Al-Gore-Film ‚An inconvenient truth‘ 2005-7. Die unbequeme Wahrheit der Malena Ernman ist, dass Klimaweltuntergang in ihrem Leben erst dann eine Rolle gespielt hat, als ihr berufliches und familiäres Leben völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Es ist auch ganz auffällig, dass sich in ihrer Welt die Klimafrage sehr stark auf das Fliegen und etwas abgeschwächt auf das Fleischessen bezieht (Es wirkt fast so, als dass Fliegerei die Wurzel allen Übels ist. Oder in Malenas Worten: ‚Das Fliegen bringt die Klimadebatte auf den Punkt.“). Und natürlich auf die berechtigte Demaskierung der herrschenden westlichen Doppelmoral – Greta und Malena sind große Kritiker der ‚Greenwashing‘-Haltung, also der symbolischen, oft total verlogenen Ersatzhandlungen (Rewe-Öko-Tüte), die der Imagepflege dienen, aber natürlich den Kern des postulierten CO2-Weltuntergangs niemals lösen könnten.

Auffällig ist die massive Heilserwartung an die Klimabewegung: Das entsprechende Kernzitat von Greta lautet: ‚Die Klimabewegung hat einen Schlüssel, der in alle Türen passt, aber niemand will von ihr Hilfe annehmen.‘ Malena erwähnt mehrmals, dass sie einen Zusammenhang zwischen Feminismus und Klimaweltrettung sieht.

CO2-Reduktion als der ultimative Angriff auf die patriarchalischen Wachstumsstrukturen? – durch die Greta-Klarheit geschult fällt dem kritischen Leser natürlich der offenkundige Widerspruch auf: In Szene 83 (‚Hinter den Kulissen‘) beschreibt Malena die Planung der Greta-Kampagne im Sommer 2018 – die Drahtzieher: Ihr Mann Svante, als strategische Berater die Klimaforscher Kevin Anderson und Isak Stoddard. Beide in Schweden an der Universität Uppsala tätig, aber beide sehr international ausgerichtet (Kevin UK, und Schweden; Isak USA und Schweden).

Zwei Punkte sind hier beachtenswert: Zum ersten beschreibt Mutter Malena, wie sie sich in dieser Männerrunde rund um ihre damals 15jährige Tochter verhält: ‚Wie immer, wenn wir uns mit Klimaexperten unterhalten, schweige ich lieber. Zum einen, weil ich so am meisten lerne, zum anderen, weil ich Angst habe, mich lächerlich zu machen, etwas Dummes zu sagen.‘ Eine bessere Beschreibung der Selbstverzwergung einer starken Frau kann man sich eigentlich nicht ausdenken – der Fach-/ Kampfterminus der Reden, die Svante, Kevin und Isak hier sicherlich schwingen ist bei den Neufeministen übrigens ‚mansplaining‘ (Männer erklären die Welt).

Ist dieser Punkt vielleicht noch lässlich, so gilt dies für den nächsten Punkt nicht mehr: Für eine 15jährige mit Asperger-Syndrom in der beschriebenen katastrophalen Familiensituation ist eine Mutter voll verantwortlich. Malena dazu: ‚Läge die Entscheidung allein bei mir, würde ich Greta den Streik vermutlich verbieten. Aber zum Glück ist bis zum August noch eine Weile hin.‘ (gemeint ist die Entscheidung, ob Greta ihre von ihr sogar nur für drei Wochen bis zur Wahl in Schweden konzipierte Kampagne wirklich umsetzen sollte).

Hat Malena als Mutter von Greta keinerlei Mitsprache, wenn es darum geht ihre minderjährige, autistische Tochter in das Rampenlicht der Weltöffentlichkeit zu schießen?

In der letzten Szene 92: ‚Zeit für den Auftritt‘, gemeint ist natürlich jetzt Gretas Auftritt, schreibt Melana mit Restzweifeln behaftet, wie das Fragezeichen dokumentiert: ‚Ist der Kampf für die Umwelt die größte feministische Bewegung aller Zeiten?‘.

Wie absurd, wie heuchlerisch und vielleicht auch wie tragisch: Die Welt heute weiß, wie die Runde älterer weißer Männer entschieden hat und welche unfassbare Wirkung diese Vater-Kampagne, die ein nicht mal 16jähriges, schwer neurotisches Mädchen instrumentalisiert, entfaltet hat. Und die sich feministisch gebende Mutter sitzt daneben und schweigt.

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15. Juni 2019
Einschub III: Asylkrise in Schweden oder Greta riecht am syrischen Essen

Es ist nur eine Szene im Buch, aber ich möchte sie dem geneigten Leser nicht vorenthalten, da sie einen Schattenriss auf eine Episode in der schwedischen und deutschen Geschichte wirft, die vielen noch sehr präsent ist: Auch die Asylkrise hat im Leben der Familie Thunberg-Ernman einen Kurzauftritt.

In Szene 19 ‚Als der Krieg bei uns einzog‘ beschreibt Malena diesen tragisch-absurd-komischen Vorgang kurz und präzise. Zwar hat die Welt des Klimaweltuntergangs zu diesem Zeitpunkt noch keinen großen Raum in der Familie Thunberg-Ernman, aber die Asylkrise, Schweden und Deutschland waren ja die Primärzielländer der Migrantenströme 2015/16, bleibt natürlich nicht unbemerkt. Und da man nun mal die finanziellen Mittel hat, schlagen Beata (10 Jahre) und Greta (12 Jahre) – genau so beschreibt es Malena – vor, das Sommerhaus der Familie auf der Insel Ingarö (taucht übrigens sonst im Buch nicht weiter auf), als Unterkunft für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Und tatsächlich zieht eine Familie aus Syrien ein (‚bis zum Ende ihres Asylverfahrens‘).

Nur die Essen zu Ehren der Gastgeber werden zur Farce und Qual: Greta (auf dem Höhepunkt ihrer Essstörungen) ‚beugt sich über Eintöpfe und Beilagen und riecht nur an den Speisen‘ und ihre Schwester ‚Beata sitzt kerzengerade und mit einem Lächeln auf den Lippen auf unserem ausgeliehenen Sofa. Tapfer probiert sie sich durch die syrische Küche‘. In radikaler Ehrlichkeit beschreibt Malena, wie die ganze Asyl-Syrien-Kriegs-Nummer an ihrer Familiensituation wie ein Film vorbeizieht, ohne dass sie sich auch nur annähernd darauf einlassen können: ‚Wir sind zu erschöpft.‘.

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16. Juni 2019
Einschub IV: Neuropsychatrische Diagnosen bei Mädchen

Das eigentliche Thema von Malena Ernmans Buch ist nicht das Klima, sondern die neuropsychatrischen Diagnosen bei Mädchen. In mehreren Szenen (33, 55, 58, 77) beschreibt Malena detailliert ihre Beobachtung und ihr Anliegen. Insbesondere beschreibt sie ausführlich die Forschung von Svenny Kopp, einer führenden Kinder- und Jugendpsychaterin in Schweden, die postuliert, dass Diagnosen, wie Autismus und ADHS bei Mädchen viel zu selten gestellt werden.

Und dass der Umgang mit diesen Neurosen bei Mädchen und Jungen ganz unterschiedlich gestaltet werden muss. Malena beschreibt dies eindringlich aus dem reichen eigenen Erfahrungsschatz: ‚Mit einer neuropsychatrischen Diagnose umzugehen ist nicht leicht. (…) Vor allem für Mädchen. Wie soll ein Mädchen in Schablonen passen, die für Jungs entwickelt wurden?‘

Auch für die Eltern ist die Situation sehr schwierig: In Szene 58 (‚Mitautismus‘) reißt Malena ganz kurz die Gefahr an, dass die Eltern durch den Umgang mit der Krankheit ‚mitautistisch‘ werden.

Leider offenbart sich in diesen Passagen auch eine fundamentale Schwäche der Weltsicht von Malena. Obwohl sie nach eigenen Angaben ‚Dinge erforschen, ihnen auf den Grund gehen will‘ sucht sie die Schuld und Verantwortung für ihre Familiensituation doch mehr oder weniger offen bei anderen. Burn-out als die ‚Kehrseite der Konkurrenzgesellschaft – und Frauen und hochsensible Menschen sind dabei deutlich überrepräsentiert‘ (Malena beschreibt sowohl sich als auch Beata als hochsensibel – Greta ist natürlich ein noch speziellerer Fall). Das obsessive Verhältnis zu Flugreisen als dem tieferen Übel der modernen Zeit hatte ich ja schon mehrfach hingewiesen.

Aber Malena beschreibt auch noch etwas anderes. Ich stelle es mal ohne weitere Wertung in den Raum – die Diagnose ADHS ihrer Tochter Beata attestiert sie sich für sich selber – ‚Ich habe ADHS schon immer.‘ schreibt sie in Szene 73 ‚Chaos‘ der Auftaktszene des Teil 3. Und Gretas Autismus schreibt sie in einem Nebensatz in Szene 69 (‚Gretas Monolog‘) ihrem Vater zu (‚Nur dass ihm nie eine Diagnose gestellt wurde. Sie sind sich zum Schießen ähnlich.‘).

Aber ich will Malena nicht ins falsche Licht rücken: Der Szene 12 – eine von mehreren Szenen über Gretas katastrophale Essstörungen – gibt Malena den folgenden radikal-selbstkritischen Untertitel: ‚Die Revanche der unsichtbaren Mädchen‘.

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16. Juni 2019
Svante, Gretas Vater, der eigentliche Schurke im Stück

Für mich ist Gretas Vater, Svante Thunberg, der eigentliche Schurke in dieser Familientragödie.

Svante taucht im Buch von Malena zwar mehrfach auf, aber er bleibt als Mann, Ehemann und Vater irgendwie diffus. Es beginnt mit einer modernen Heldengeschichte – der Mann, der seine beruflichen Ambitionen ganz rational für seine Frau und das gemeinsame Kind opfert. Er gesteht Malena zu, dass sie das größere künstlerische Talent hat (‚Du bist weltweit eine der Besten Deines Fachs. Das habe ich in mindestens zehn verschiedenen Zeitungen gelesen. Ich bin nur ein mittelmäßiger Theaterschauspieler.‘) und ‚außerdem verdienst du viel besser wie ich‘. Der letzte Punkt stimmt ganz offenbar, denn wie mehrfach erwähnt, gehören finanzielle Probleme nicht zu den Herausforderungen der Familie Thunberg-Ernman, offenbar auch keine selbstgemachten: Das reichlich vorhandene Geld wird ausgegeben, wenn es notwendig ist.

Der erste Punkt ist schon zwiespältiger, denn Malena beschreibt, wie Svante kurz nach dieser Entscheidung den Anruf bekommt ‚auf den man ewig wartet‘ – die Chance für den künstlerischen Durchbruch im schwedischen Radio. Jedenfalls spielt er auf – gelinde gesagt – merkwürdige Weise, mit seiner neuen Rolle: ‚So, now I’m a housewife‘ sagt er zu Opernstars, wie Maestro Barenboim oder Opernsuperstar Cecilia Bartoli.

Dabei macht Svante enorm wichtige Arbeit – er ist der Manager und Lenker im Hintergrund und er ermöglicht das Familienleben, was zumindest Malena als glücklich beschreibt.

Auch als die Familie in ihre tiefe Krise gerät, ist Svante immer der hilfreiche Mann und Vater an der Seite seiner Frau und seiner Töchter – so jedenfalls liest es sich bei Malena. Aber seine Rolle wirkt irgendwie immer passiv und unklar – welche Entscheidungen kommen wirklich aus Svantes Herzen?

Zumindest eine ganz klar: Svante ist der Mastermind hinter der Greta-Kampagne. Malena beschreibt dies ziemlich plastisch. Auf dem Weg im Elektroauto mit Beata von Stockholm nach London und zurück – wegen Gretas (und Malenas) Anti-Flug-Obsession darf die Familie ja nicht mehr fliegen – beschallt von der Lieblingsband – Little Mix – seiner jüngeren Tochter, zu deren Konzert nach London der kleine Ausflug geht, hat Svante genug Zeit über seine Situation nachzudenken. Und er beschließt, dass es ihm reicht, dass er nur der Hausfrauenonkel im Hintergrund ist, der mit dem Geld seiner Frau den Weltrettungslebensstil seiner autistischen Tochter leben muss – in London beschließt Svante eine globale Weltklimarettungsbewegung loszutreten und die westliche Wohlstandswelt in die Mitverantwortung zu nehmen. Das nötige Rüstzeug hat er an der Hand: Trainiert durch die Erfahrungen mit dem doppelmoraldurchtränkten globalen Jet-set und die daraus erwachsenen persönlichen Katastrophen und mit der genialistischen Präzision seiner autistischen, älteren Tochter an der Hand, die im praktisch täglich erzählt, was die alarmistischen Szenarien der Klimaforschungsaktivisten konkret bedeuten müssten und als erfahrener Theater- und Opernmann erkennt er die ungeheurere Schwäche der momentanen westlichen Klimadiskussion – man kann nicht ständig vom Weltuntergang fabulieren und in der Realität alles praktisch unverändert weiterlaufen lassen.

Und er hat auch ein massives finanzielles Interesse, eine Dimension, die bei Malena mit keinem Wort erwähnt wird. Svante hat die üppigen finanziellen Ressourcen der Familie dafür genutzt, als Investor in die Erneuerbare-Energie-Szene einzusteigen – genau die Szene, die ihm dann auch die noch nötigen Kontakte zur aktivistischen Klimaforschung und zu den NGO-Großkampagnenführern dieser Welt bringen.

Und der Dürresommer 2018 gibt ihm eine super Steilvorlage. Und die anstehenden Wahlen in Schweden passen perfekt zum konkreten Alter, der Situation und den Wünschen seiner Tochter.

Er zögert keinen Moment, dieses Fenster der Gelegenheit zu nutzen.

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17. Juni 2019
Fazit oder die Revanche des unsichtbaren Mannes

Was ist mein Fazit? Malena Ernman hat ein relativ ehrliches Buch geschrieben. Wer es liest, kennt die Hintergründe der Greta-Kampagne und kann sich nur fragen, wie ein Vater – ich halte Svante Thunberg für den eigentlichen Schurken in diesem Theater – und auch eine Mutter trotzdem oder gerade deshalb ihr autistisches Kind auf diesen Weg schicken konnten?

Fakt ist, dass Svantes Kampagne unfassbar erfolgreich war. Gretas Schulstreik war ein medialer und öffentlicher Erfolg, global und vor allem in Deutschland.

Svante Thunberg ist damit mit Hilfe seiner Tochter Greta aus dem Schatten seiner Frau Malena getreten – er ist plötzlich nicht mehr das ‚housewife‘, sondern der Mann, der eine globale Kampagne steuert (und auch finanziell damit massiv verdient). Malenas Karriere dagegen ist zu Ende – ein Opernstar mit burn-out, der nicht fliegen darf, wird bald in Vergessenheit geraten.

Der neue Star ist Greta, die Vatertochter, porträtiert auf dem time magazine-Titel als ein Opernstar, der nicht singt, sondern Haltung zeigt. Für mich eine schlimme und brandgefährliche Entwicklung: Die Mutter, die aus eigener bitterer Erfahrung und der ihrer beiden Töchter vor dem neuropsychatrischen fall-out der modernen Gesellschaft gerade für Mädchen und Frauen warnt, muss zusehen, wie ihre ältere autistische Tochter der Öffentlichkeit im Namen einer vermeintlich guten Sache zum Fraß vorgeworfen wird. Von ihrem eigenen Mann. Es ist in Abwandlung ihrer eigenen Diagnose: Die Revanche des unsichtbaren Mannes.

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15. August 2019
Nachtrag: Die irre, völlig verantwortungslose „emissionsfreie Reise“ im Rennsegelboot nach Amerika

Aus aktuellem Anlass möchte ich einen Nachtrag zu meiner Greta-Serie liefern. Diesmal basierend auf der aktuellen Berichterstattung, der man ja auch nicht mehr entkommen kann.

In meiner Serie zu dem Buch von Gretas Mutter, Malena Ernman, habe ich in Folge 8 über Svante Thunberg, als den eigentlichen Schurken im Stück geschrieben. Anlässlich der „emissionsfreien Reise“ von Svante, Greta und einem Filmemacher (!) mit der Segelrennyacht Malizia II möchte ich diesen Punkt noch mal unterstreichen. Ich finde es katastrophal, dass Svante seiner Tochter diese „Reise“ zumutet.

Kurz noch mal zur Erinnerung, denn angesichts der Heldenberichterstattung vergisst man vielleicht die Vorgeschichte. Erst vor wenigen Monaten und auf Grund der unfassbaren medialen Aufmerksamkeit entwickelte sich die Greta-Show zu dem, was wir jetzt sehen: Schien es im Frühjahr noch wahrscheinlich, dass sich die Lage nach den Gastauftritten in Davos und in Rom vielleicht beruhigen könnte, ging es, insbesondere durch massiven Hype in Deutschland, dann noch mal richtig los. Und Greta verkündete, dass sie nun ein Jahr schulfrei nimmt um durch persönliche Anwesenheit bei diversen Konferenzen dafür zu sorgen, dass jetzt die globalen CO2-Emissionen tatsächlich sinken sollen. Da gab es nur ein kleines Problem, denn die nächsten großen Konferenzen (Klimakonferenzen scheint es gefühlt alle 4 Monate zu geben) finden nämlich in New York und in Chile statt. Eine echte Herausforderung, denn Greta fliegt ja nicht, sondern fährt während ihrer Kampagne immer Bahn. Nun liegt zwischen Europa und Amerika bekanntlich der Atlantik. Wie kann man dieses fast nicht lösbare Problem aus dem Weg schaffen? Es sollte ja symbolisch emissionsarm sein, es durfte nicht zu lange dauern und es durfte auch nicht nach einer Luxuslösung aussehen.

Was dann passierte, kann ich immer noch kaum fassen: Rennsegler Boris Herrmann (natürlich ein Deutscher, wie kann es anders sein) bietet den perfekten Ausweg: Kostenlose Überfahrt mit der Rennyacht Malizia II. Und so kommt es jetzt: Svante, Greta und sogar ein Filmemacher entern dieses superteure Rennboot um in geplant 14 Tagen mit Boris und Pierre Casiraghi über den Atlantik zu segeln. Und die Weltpresse berichtet live.

Auf der Malizia II fahren normalerweise nur die trainierten Rennsegler: Ohne Wechselwäsche, ohne Toilette, immer im Wechsel segelnd, ohne Passagiere, aber dafür natürlich in der Regel mit enger Begleitung durch Team und vermutlich auch Beibooten oder jedenfalls Schiffen in Reichweite. Beiboote sind natürlich mit dem eh schon abstrusen Set-up nicht vereinbar, denn dann wäre die Reise natürlich nicht formal „emissionsfrei“. Beiboote gibt es zwar nicht, aber Überwachungsflüge. Insgesamt sollen dabei mehr als hundert Flugeinsätze zusammenkommen. Das gibt einen tausendfach höheren CO2-Ausstoß, als wenn Greta und ihr Vater ein Flugzeug bestiegen hätten. Wer bezahlt die Überwachungsflüge und wird anschleißend der Ablaß für das unnötig emittierte CO2 bezahlt – wenn ja, von wem?

Vater Svante mutet also seiner autistischen Tochter, deren Kindheit durch diverse schwere Störungen geprägt war (siehe Texte der Greta-Serie) als brutale Steigerung einer eh schon immer krasseren public exposure unter den Augen der Weltpresse zu, ohne jegliches Training um die 14 Tage durch den oft infernalischen Atlantik zu fahren ohne Möglichkeit der sinnvollen Beschäftigung, aber dafür fast ständig in realer Gefahr: Die Malizia II erreicht Geschwindigkeit von 30 km/h auf hoher See, eine Situation, wo ‘“Mann/Mädchen über Board“ alles andere als eine Kleinigkeit wäre – Segelschüler wissen, dass dies schon auf kleineren Seen kein einfaches Manöver ist. Und vor allem unter einem übermenschlichen Erfolgsdruck. Denn das ‚Sicherheitskonzept‘ sieht so aus: Wenn es Probleme an Bord geben sollte, fährt die Malizia II mit Dieselmotor Richtung Hilfe – bei größerem Abstand zur Küste kann dies im Notfall ja eigentlich nur ein anderes Schiff sein, von wo dann ein Hubschrauber oder Flugrettung erfolgen könnte. Medial und politisch natürlich ein Totaldesaster, wie dem kampagnenerfahrenen Svante völlig klar sein dürfte.

Und völlig umsonst, denn selbst wenn alles gut gehen sollte: Diese Reise wird niemals Vorbildwirkung entfalten, sondern ist schon jetzt ein Symbol dafür, wie weit sich der ganze Klimaweltrettungsrummel pervertiert hat.

Svante, dies hättest Du Deiner Tochter niemals antun dürfen.

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15. August 2019
Die Welt: Greta Thunberg – Jetzt ist ihr Segeltrip nicht mehr sauber

Von Benedikt Fuest

Aktivistin Greta Thunberg hatte angekündigt, mit einer Rennyacht möglichst klimaneutral zum Gipfel nach New York reisen zu wollen. Doch jetzt wird bekannt, wie das Boot zurückkommen soll. Damit ist die ursprüngliche CO2-Rechnung obsolet.

Kaum ist Greta Thunberg mit der Segelyacht „Malizia II“ auf dem Atlantik unterwegs, beginnen die Schwierigkeiten: Das Boot muss schlechtem Wetter ausweichen und läuft Richtung Azoren ab, befindet sich aktuell vor der französischen Küste anstatt auf Westkurs.

Und auf dem europäischen Festland zieht ebenfalls ein Sturm auf – allerdings ein medialer. Einen Tag nachdem die Yacht den Hafen verlassen hat, bekennt der Pressesprecher von Skipper Boris Herrmann Farbe: Der „taz“ sagte er, dass vermutlich fünf Profis des „Team Malizia“-Segelprojekts nach New York fliegen würden, um das Boot dort in Empfang zu nehmen und anschließend zurück nach Europa zu segeln. „Natürlich fliegen die da rüber, geht ja gar nicht anders“, sagte Andreas Kling. Die „Malizia II“ ist als reines Offshore-Rennboot im Hafen extrem schlecht zu manövrieren und muss nach einem Törn aufwendig gewartet und neu mit Proviant versorgt werden.

Auch Herrmann selbst wird den Flieger zurücknehmen. Gretas Trip löst also mindestens sechs Flüge über den Atlantik aus. WELT hatte bereits gestern auf mehreren Wegen versucht, Thunbergs Sprecher sowie das Segelteam zu erreichen, jedoch keine Antwort auf die Fragen zur Rückreise der Segelprofis und der Yacht bekommen.

Thunberg hatte medienwirksam angekündigt, möglichst unter völliger Vermeidung von CO2 zum Klimagipfel nach New York zu reisen. Herrmann hatte daraufhin angeboten, Thunberg mit der Rennyacht seines Teams über den Atlantik zu segeln. Anschließend rührte das „Team Malizia“ die Werbetrommel und profitierte vom globalen Medienrummel um Thunberg. Waren Herrmann und seine Yacht zuvor nur in der Seglerszene bekannt, schaffte er es nun weltweit in die Abendnachrichten.

Laut Herrmann hat Thunberg zwar die „sauberste, umweltschonendste Möglichkeit“ für den Atlantik-Trip gewählt. Doch damit ist es in dem Fall eben leider nicht getan. Allein der Rummel rund um ihre Abreise hat sicher mehr CO2 verursacht als ein einfacher Flug. Dutzende Freiwillige, Journalisten und PR-Experten waren zum Hafen in Plymouth gepilgert – und sicherlich nicht die komplette Strecke gelaufen.

In New York winkt nun ein erneuter Medienrummel, bevor Herrmann sein Boot den eingeflogenen Helfern übergibt und selbst in den Flieger zurück nach Hause steigt. Die Klimaaktivistin erreicht mit ihrer Reise in der Rennyacht sicherlich mehr Aufmerksamkeit für ihr Projekt, als wenn sie einfach einen Frachter genommen hätte. Doch die Botschaft ist fatal: Solange die Show gut ist, sind die echten Folgen für das Klima egal. Gut gemeint ist manchmal eben auch das Gegenteil von gut.

Quellen: Vorwort
Serie
Nachtrag
Die Welt

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