Urheberrecht

E-Book-Portal Gutenberg.org sperrt deutsche Nutzer aus

Die Lügenpresse lügt (XIII)

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Inzwischen fällt selbst der angesehene Heise Verlag mit seltsamen Darstellungen der Wahrheit auf. In einer Meldung vom 2018-03-03 schreibt der Autor Martin Holland in der fett gedruckten Kurzfassung:

Weil das US-amerikanische Project Gutenberg mehrere E-Books verbreitet, die in Deutschland urheberrechtlich geschützt sind, werden deutsche Nutzer nun ganz ausgesperrt. Die Werke will das Portal nicht herunternehmen.

und unterstellt damit, es handle sich um eine Trotz- und Racheaktion gegen berechtigte Ansprüche. Tatsächlich geht der dahinterstehende Anspruch, die ganze Welt habe sich ausschließlich an deutschem Recht und deutschen Forderungen zu orientieren, allein auf ihn und seine eigenen Weltmachtphantasien zurück. Das deutsche Gericht (Landgericht Frankfurt am Main, AZ: 2-03 O 494/14) hat dem Portal offenbar genau dieses, jetzt gewählte Vorgehen nahegelegt:

Der klagende Verlag [erklärte]: Mittels Geoblocking sei es den Machern möglich, deutsche Nutzer daran zu hindern, hierzulande urheberrechtlich geschützte Werke herunterzuladen. Spätestens wenn sie Kenntnis von den Rechteverletzungen erlangten, hafteten sie auch dafür. Damit setzten[sic!] er sich vor Gericht durch. Auch wenn die Übersetzungen in den USA gemeinfrei seien, rechtfertige das keine Zugänglichmachung in Deutschland, wo die Werke weiterhin geschützt seien, erklärte das Gericht.

In seinen Allmachtsphantasien, alle Welt nach deutschen Vorstellungen tanzen zu lassen, erwartet unser Autor natürlich eine Sonderbehandlung: „Als Konsequenz hat Gutenberg.org nicht etwa die beanstandeten Werke offline genommen, sondern ausnahmslos alle Seiten und Unterseiten für Nutzer mit einer deutschen IP gesperrt.“ Dazu, wer den erheblichen Mehraufwand leisten solle, genaue Listen einzelner Werke und Zielländer zu pflegen und technisch umzusetzen, und wer für die Kosten aufkommt, äußert er sich natürlich nicht. Tatsächlich haben die Beklagten das einzige in dieser Lage sinnvolle getan.

Wie die Verantwortlichen des Portals erklären, halten sie das deutsche Gericht überhaupt nicht für zuständig, da ihre Seite in den USA gehostet werde. Sollten mit einzelnen Titeln Urheberrechte verletzt werden, müsse das Gericht gegen diejenigen vorgehen, die Titel rechtswidrig auf das Portal hochgeladen haben. Die Foundation will das Urteil nach eigenen Angaben anfechten.

Interessant ist in dem Zusammenhang vor allem auch dies noch, daß es sich hier überhaupt nicht um schützwürdige Urheberrechtsansprüche des deutschen Verlages handelt. Es handelt sich ganz eindeutig nicht um Ausgaben, die vom Verlag aktuell angeboten werden und für die ihm die resultierenden Einnahmen moralisch und rechtlich zustehen. Stattdessen geht es allein um englische Übersetzungen, die in den USA nach dortigem Recht bereits gemeinfrei sind.

Das Urheberrecht, der Anspruch des Autors und des Verlages, nach erheblicher geleisteter Arbeit auch allein die aus einem Werk erzielten Gewinne abschöpfen zu können und sie nicht an schmarotzende Plagiaristen und Kopisten abtreten zu müssen, ist ein hohes Gut und soll hier in keiner Weise in Zweifel gezogen werden. Tatsächlich wird es aber oft genug für ganz anderes mißbraucht. Wenn ein neu erschienenes wissenschaftliches Werk schon nach kurzer Zeit vergriffen ist, vom Verleger nicht neu aufgelegt und nicht angeboten wird und wenn gebrauchte Exemplare zu einem Mehrfachen des Neupreises gehandelt werden, dann ist das Untersagen von Kopien ein eindeutiger Rechtsmißbrauch. Das gilt auch dann, wenn zwar Rechte verletzt wurden, der Rechteinhaber selbst aber keinerlei Nutzen aus der Verfolgung zieht sondern dieser allein der Abmahnmafia zufällt. Gegen diesen verbreiteten Mißbrauch sollte das Urheberrecht – zugunsten der mit seinem Schutzzweck wirklich Gemeinten und nicht etwa zugunsten der Übertreter – dringend überarbeitet werden.

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