Offener Brief an das Moderationsteam der TAZ

2021-01-10

Eine Zensur findet doch statt (VII)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben mich unter Moderation gestellt und meinen letzten Beitrag gesperrt. Ohne Zweifel Ihr gutes Recht, es ist Ihre Seite, Sie allein bestimmen, was dort erscheint. Es steht aber im Widerspruch zu Ihren öffentlich verkündeten Moderationsgrundsätzen. Der gesperrte Text:

> Sie sind die Folge der exponentiellen Zunahme der Neuinfektionen im Dezember.

Das ist Unsinn. Es gab keinen exponientiellen Anstieg der gemeldeten Neuinfektionen im Dezember. Ab der ersten Novemberwoche sind die täglichen Fallzahlen auf ein gleichbleibendes Plateau eingeschwenkt – keinen Abfall wie erwartet und dringend benötigt. (Vernünftig erkennen kann man das nur in einer halblogarithmischen Darstellung, aber die zeigt uns die Qualitätspresse nicht.) Dasselbe Plateau gleichbleibender Fallzahlen von um die 900 täglich sehen wir bei den Sterbefällen nach der Dezembermitte. Aufgrund dieser Verzögerung wird uns die hohe Sterberate noch lange Zeit erhalten bleiben. Bis jetzt sinken die Neufälle nicht, im Gegenteil scheint es derzeit nicht einmal sicher, einen noch weiteren Anstieg verhindern zu können.

Liebe Journalisten, „exponentiell“ ist kein Synonym für „ganz viele“ sondern bedeutet einen linearen Abschnitt im halblogarithmischen Diagramm. Den hatten wir im Sommer, auch wenn wegen der niedrig scheinenden Absolutwerte keiner hinschauen wollte.

Warum kritisiere ich dort so scharf? Bitte überlegen Sie sich einmal, wo die Anhänger von Hildmann und Qanaon herkommen. Jeder, der mindestens die Realschule besucht und den Abschluß dort nicht zu unrecht erschlichen hat, erkennt mühelos all die vielen Fehler und Widersprüche auch bei Ihnen. Was soll er tun, wenn er erkennbar von den „Leitmedien“ konsequent, nein nicht belogen wird. Lügen setzt voraus, daß der Lügende die Wahrheit kennt und verstehen kann. Das ist bei Zeitungen und ÖR-Medien nur zu oft erkennbar nicht der Fall. Was der kritische und wenigstens minimal gebildete Leser auf jeden Fall und zweifelsfrei dort erkennt, ist, daß das meiste des dort Berichteten kompletten Blödsinn darstellt und er kein Wort davon ungeprüft glauben kann. Genau dazu tragen Sie mit Sätzen wie dem oben zitierten aktiv bei.

Als Beweis für meine Aussage verweise ich auf http://berger-odenthal.de/random/Covid-Koeln.htm, dort das vierte Diagramm ganz unten auf der Seite. Es sind ausschließlich die offiziell gemeldeten überall zu findenden Zahlen, nur vernünftig dargestellt.

Zugegeben, nicht jeder hat, wie ich als kleiner Student einer großen Universität, die Möglichkeit, die wissenschaftliche Primärliteratur selbst zu lesen. Ich nutze diese Möglichkeit und blogge seit über zehn Jahren jede Woche das (in meiner subjektiven Wertung) wichtigste daraus auf http://axel.berger-odenthal.de/review/ .

Derzeit und zu Covid gilt die Einschränkung allerdings nicht. Sämtliche großen Wissenschaftsjournale, Nature, Science, PNAS, NEJM und viele mehr, haben alles zu Covid in den open access gestellt. Sie könnten all das lesen und für Ihre Leser verständlich aufbereitet referieren. Tun Sie das? Nach meinem Verständnis der großmäuligen Verkündungen zur „Demokratieabgabe“ wäre genau das eine der Hauptaufgaben der ÖR-Sender. Auch dort ein völliger Totalausfall.

Und dann wundern Sie sich, wenn manche auf der vergeblichen Suche nach verläßlichen Daten bei Scharlatanen landen? Natürlich ist das wie so oft der Schritt vom Regen in die Traufe, aber Sie, auch Sie und gerade Sie, sind die Hauptschuldigen daran.

Noch einmal: Seit spätestens Juli gab es bundesweit einen exponentiellen Anstieg der täglichen Fallzahlen mit einer Verdoppelung alle ca. 25 Tage. Ende Oktober knickte der ab in eine Verdoppelung alle ca. 12 Tage. Seit Anfang November gibt es gar keinen Anstieg mehr, weder einen exponientiellen noch einen anders verlaufenden. Es sollte doch selbst Sie nicht überfordern, eine so simple Beschreibung einfacher, beobachteter Zahlen korrekt an Ihre Leser weiterzugeben. Wenn es schon daran scheitert, welchen Wert haben Sie, hat Ihre Zeitung dann noch?

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Axel Berger

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