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Die kurze Antwort lautet, wir stehen jetzt genau da, wo wir Mitte März schon einmal waren.
Unter Inkaufnahme einer ungeheuren Zerstörung haben wir vor anderthalb Monaten einen massiven Eingriff vorgenommen. Gegen meine damaligen Vorhersagen (vom 2020-03-19, 2020-03-22 und 2020-03-28) war er überaus erfolgreich. Wir waren auf dem besten Weg, die Krankheit hier in Köln und im ganzen Land zu unterdrücken und auszurotten. Die Zahl der Kranken und die der täglichen Neuansteckungen gingen steil zurück. Ich hatte diese Maßnahmen ursprünglich abgelehnt, aber sie zeigten eine Wirkung, die ich nicht für möglich gehalten hatte. Wir waren auf dem besten Weg, die Erfolge der Pocken, SARS und Kinderlähmung zu wiederholen. Und dann haben unsere Politiker all das achtlos weggeworfen. Die zweite Welle rollt gerade an und diesmal wird sie nicht zu stoppen sein. Ganz egal ob in Köln die offiziellen 0.2 % der Einwohner immun sind oder das geschätzte Zehnfache von dann 2 % – immunologisch ist beides dasselbe wie null.
Aber ist unser Stand wirklich derselbe wie Mitte März?
Nicht ganz. Was halten die vielen dauerhaft Arbeitslosen, die in den Konkurs getriebenen Gewerbetreibenden, die steuerzahlenden Opfer der gigantischen Staatsverschuldung, die Vermieter, denen bei weiterlaufenden Kosten die Einnahmen wegbrechen, und alle Kölner, denen statt einer blühenden Metropole die vernagelten Fenster einer Geisterstadt bevorstehen, davon, daß alle ihre Mühen und Opfer im Effekt vernichtet und sinnlos gemacht wurden?
Die einmalige Chance, die Krankheit zu unterdücken, ist vertan. die Gelegenheit ist vorbei. Die Welle wird jetzt zwangsläufig die gesamte Gesellschaft erfassen. Auf der einen Seite müssen wir ihre Spitze so weit dämpfen, daß unser Gesundheitssystem nicht völlig überwältigt wird. Auf der anderen Seite muß die Welle aber auch irgendwann einmal – und zwar möglichst bald – wieder vorbei sein und es darf in der Zeit nicht alles andere auch zusammenbrechen. Es führt kein Weg mehr daran vorbei, uns auf viele, sehr viele Kranke vorzubereiten, um auf der anderen Seite so wenig beschädigt wie möglich aus der Lage herauszukommen. Was das konkret bedeutet habe ich schon am 17. März vorgerechnet.
Wenn sich auf einer Wanderung ein tiefes Loch vor einem auftut, dann kann man entweder links herum daran vorbeigehen oder rechts herum. Welcher Weg der bessere ist, weiß man vorher nicht. Hat man sich aber entschieden, dann muß man den einmal eingeschlagenen Weg auch bis zu Ende gehen. Was unsere Regierung gerade getan hat, ist, sich auf halbem Wege umzuentscheiden und mit direktem Weg von links nach rechts wechseln zu wollen. In diesem Loch sitzen wir, auch wenn es heute noch nicht jeder erkannt hat, tief unten jetzt drin. Je schneller die neue Lage erkannt wird, desto eher können wir den Aufstieg beginnen. Die Augen schließen, pfeifen, und so tun, als gebe es kein Loch, wird jedenfalls nicht helfen.
Und vielleicht, ganz vielleicht und nur dann, wenn wir heute noch handeln, können wir vielleicht auch das Ruder noch einmal herumreißen. Noch stehen wir am Rand des Loches und haben zu rutschen begonnen. Wir sind noch nicht ganz unten angekommen.